Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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b) Zum Zweck der Errichtung einer Landespfarrwitwenversorgungsanstalt 
(Gesetz vom 15. April 1889 Nr. 22) ist das Kapitalvermögen der bei den 
einzelnen Pfarrstellen schon bestehenden oder demnächst noch zu bildenden Pfarr- 
witwentumskassen, soweit nicht Rechte Dritter auf Teile desselben oder seiner 
Nutzungen nachweislich begründet sind, als Grundstock der neuen Anstalt über- 
wiesen. Bei der Beratung des Gesetzes wurde von allen Seiten anerkannt 
(ogl. Sitzung der Landessynode vom 12. Februar 1889, Kommissionsbericht 
vom 20. März 1889, Anl. 191 der Verhandlungen des 19. ordentl. Land- 
tages), daß weder gegen die Erweiterung des bisherigen Zwecks der Pfarr- 
witwentumskassen — Erstreckung desselben auch auf die Fürsorge für die 
Waisen der Prediger —, noch gegen die Vereinigung der einzelnen, mit selbst- 
ständiger juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Kassen zu einer einheitlichen 
Anstalt Bedenken aus den Bestimmungen des §5 217 der N. L.-O. zu entnehmen 
seien; auch ist angenommen, daß die Gemeinden, insofern ihnen rücksichtlich 
des den Pfarrwitwen zu gewährenden Unterhalts durch die Kirchengesetzgebung 
gewisse Verpflichtungen auferlegt waren, im allgemeinen als bei der geplanten 
Umwandlung rechtlich beteiligt im Sinne des § 217 nicht anzusehen und daher 
zum Widerspruch nicht befugt seien (siehe Begründung des Gesetzentwurfs, 
Anl. 182 b der bezeichneten Landtagsverhandlungen, S. 17 f., Kommissions- 
bericht, S. 5 und Sitzung der Landesversammlung vom 25. März 1889). 
UÜbrigens darf — was im Kommissionsbericht übersehen wird — die Bezug- 
nahme des § 217 auf den „bei der Stiftungsurkunde ausgedrückten 
Zweck“ keineswegs etwa dahin verstanden werden, daß solche Stiftungen, deren 
Begründungsurkunde nicht aufzuweisen ist, des verfassungsmäßigen Schutzes 
ihres Zweckes verlustig gehen sollten; sie sind dieses Schutzes vielmehr in 
gleichem Maße wie jene teilhaftig, sofern nur der Stiftungszweck anderweit 
bestimmbar oder an sich zweifellos ist. Vgl. auch v. Schmidt-Phiseldeck, 
§ 112, Anm. 3. 
J) Infolge wiederholter, schließlich auch von der Landesversammlung unter- 
stützter Anträge der Landessynode sind durch das Staatsgesetz vom 28. Juni 
1902 Nr. 27 und durch Kirchengesetz vom gleichen Tage Nr. 28 die Besol- 
dungsverhältnisse der in der evangelisch-lutherischen Landeskirche fest angestellten 
und mit ihrer Pfarre innerhalb der Landesgrenze angesessenen Geistlichen — 
abgesehen vorerst von denen der Stadt Braunschweig, den Inhabern von 
Patronatwahlstellen, insoweit diese nicht von Prälaten präsentiert werden, den 
Inhabern von Gemeindewahlstellen, den Kollaboratoren und Militärpfarrern — 
von Grund aus neu geordnet. Das Diensteinkommen steigt demnach ohne 
Rücksicht auf den Betrag des Pfründeneinkommens der dem Geistlichen ver- 
liehenen Stelle nur nach Maßgabe des Dienstalters in bestimmten Abstufungen 
bis zum Höchstgehalt auf. Um dies zu ermöglichen, ist ein besonderer „Pfarr- 
besoldungsfonds“ gebildet und mit den Rechten einer milden Stiftung aus- 
gestattet. Er vermittelt den Ausgleich der Stelleneinnahmen, indem ihm die 
Überschüsse der Pfründeneinkommen über das gehaltsordnungsmäßige Dienst- 
einkommen hinaus, sowie die zur Ermöglichung der Durchführung der neuen