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hatte, so wurde die Besprechung über die Eigentumsfrage nicht weiter fort-
geführt und jenem Antrage stattgegeben. — Die auf dem nämlichen Landtage
angeforderten Kosten des Neubaues auch der Wolfenbüttler Bibliothek hatte
man bereits, und zwar, ohne daß irgend welche Rechtsbedenken geltend gemacht
wären, durch Beschluß vom 4. Mai 1882 aus den Wertbeständen des Staats-
haushaltsetats bewilligt. Aus Überschüssen eben vieses Etats ist einige Jahre
später auch die innere Einrichtung des Museums fertiggestellt und eine dort
untergebrachte Sammlung von Gipsabgüssen beschafft worden.
Anknüpfend an die Landtagsverhandlungen vom 9. Dezember 1882 hat
in neuester Zeit Hampe in seinem Braunschweigischen Partikularrecht (2. Aufl.,
§ 7, S. 25 bis 28) die Rechtsverhältnisse des Museums und der Wolfen-
büttler Bibliothek in durchaus beachtenswerter Weise erörtert. Auch ihm ist
es unzweifelhaft, daß die Bibliothek dem braunschweigischen Gesamtfideikommiß
zugehöre und das Museum als Spezialfideikommiß der bevernschen Linie an-
zusehen sei. Für die Bibliothek bezieht er sich auf das Testament des Herzogs
August und die letztwillige Verfügung des Herzogs Anton Ulrich; hinsichtlich
des Museums ist er der Ansicht, daß der Stamm der dort nach und nach ver-
einigten Sammlungen durch die Gemälde und sonstigen Kostbarkeiten des
Schlosses Salzdahlum, deren rechtliche Bestimmung gleichfalls der Herzog
Anton Ulrich letztwillig geordnet habe, dargestellt werde und daß die späteren
Zugänge und Erwerbungen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft unter der Herr-
schaft des gemeinen Rechts nach der Lehre von den Sachgesamtheiten dem
rechtlichen Schicksal der Hauptsache verfallen seien. Die Auslegung des § 222
dahin, daß das Museum nunmehr Staatseigentum oder doch eine „dem Staate
gewidmete Anstalt“ geworden sei, wird zurückgewiesen, weil bei Erlaß der
N. L.-O. der Herzog Karl noch gelebt und mit der Regierungsgewalt nicht
auch seine privatrechtlichen Ansprüche auf das Vermögen verloren habe, der
Herzog Wilhelm aber wegen der mäöglichen und derzeit noch stark erhofften
Nachkommenschaft nur zu einer Verfügung von Todes wegen über das Fidei-
kommiß — und auch nur hinsichtlich des Museums — befugt gewesen sein
würde. Somit hätte der § 222 für die Bibliothek überhaupt keine rechtliche
Bedeutung und für das Musenm nur die, daß es nach dem Tode des Herzogs
Wilhelm nach Art der Fideikommisse, als Familiengut „auf Grund hausgesetz-
licher Bestimmung der N. L.-O.“ vererbt worden sei.
Allein so einfach, wie es hiernach scheinen möchte, ist die Sache doch wohl
nicht abgetan. Die Unsicherheit in der Beurteilung der hier in Frage kommenden
Verhältnisse läßt sich schon bei den Verhandlungen über die Feststellung des
Wortlautes des § 222 deutlich genug spüren (vgl. Anmerkung 2), und durchaus
zutreffend ist in der Landtagssitzung vom 9. Dezember 1882 darauf hin-
gewiesen, daß nicht sowohl die Auffindung und Anwendung der einschlägigen
Rechtssätze Schwierigkeiten mache, als vielmehr der sichere Nachweis der unter-
liegenden tatsächlichen Vorgänge, hinsichtlich deren im einzelnen keineswegs alles
klar ist. In dieser Hinsicht, wie für die Entscheidung der Rechtsfrage, würden
die Gutachten, auf die in jener Sitzung vom Ministertische aus Bezug
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