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des Herzogs (s. ebendaselbst) beschränkt sich nur auf die pretiosa und mobilia
zu Wolfenbüttel, die im Testament von der Bibliothek getrennt genannt werden.
Da von den späteren Landesfürsten letztwillige Verfügungen nicht nachgelassen
sind, so darf man daher wohl annehmen, daß es sich mit der Bibliothek nicht
eben anders verhält als mit dem Museum, daß auch sie im Wege des Erb-
ganges durch Herkommen zu einem Bestandteil des Familiengutes der älteren
Linie des braunschweigischen Hauses geworden ist.
Ob an diesen Rechtszuständigkeiten durch den § 222 der N. L.-O. etwas
hat geändert werden sollen, wird zwar bei dem Mangel zureichenden Aus-
legungsmaterials nicht mit unbedingter Sicherheit entschieden werden können,
doch ist die Frage wohl zu verneinen. Die Möglichkeit freilich einer Auf-
fassung, wie sie schon das Schreiben des Staatsministeriums vom 9. Februar
1882 andeutet und der Staatsminister Schulz in der Sitzung vom 9. Dezember
1882 wiederholt hat, daß jene landesgrundgesetzliche Bestimmung eine auch
die Eigentumsfrage mit umfassende Bedeutung haben könne, läßt sich wohl
nicht mit allen den Rechtsgründen bestreiten, die Hampe dagegen anführt.
Seinem Einwande, daß bei Erlaß der N. L.-O. der Herzog Karl noch gelebt
habe und daß ihm durch den Verlust der Regierungsgewalt nicht auch die privat-
rechtlichen Ansprüche auf das Vermögen entzogen worden seien, darf entgegen-
gehalten werden, daß es sich hier doch immer nur um ein Anfechtungsrecht hätte
handeln können, der Herzog Karl aber von einem solchen tatsächlich nicht Gebrauch
gemacht hat, und ebensowenig würde eine Verfügung des Herzogs Wilhelm
unter Lebenden „wegen der möglichen und derzeit noch stark erhofften Nach-
kommenschaft“ von vornherein für ungültig zu halten, sondern wiederum nur
zu Gunsten nachgeborener Erben anfechtbar geworden sein, sofern man über-
haupt die strengeren Grundsätze des Familienfideikommisses auch für das Recht
des Familiengutes für schlechthin maßgebend halten will. Indessen würde doch
eine Umwandlung der beiden Sammlungen in Staatsgut sicherlich in unzwei-
deutiger Weise zum Ausdruck gebracht worden sein, auch wäre es schier un-
verständlich, daß über eine derartige Vereinbarung weder die Verhandlungen
der Ständeversammlung, noch die Akten des Ministeriums irgend einen Auf-
schluß erteilen und das Ministerium sich nach wie vor, wie es im Schreiben
vom 31. März 1873 (s. oben S. 320) hieß, in der Lage befand, archivalische
Forschungen über die Eigentumsfrage anstellen zu müssen. Auf der anderen
Seite ist es gewiß von Bedeutung, daß diejenigen Bestimmungen der Regierungs-
entwürfe, in denen Museum und Bibliothek als fürstliches Stammgut oder als
Zubehör der Hofstatt hingestellt waren (s. Anmerkung 2), in der ständischen
Kommission beständig auf Widerstand gestoßen und verworfen sind. Dieser
Umstand legt die Annahme nahe, daß die Stände die Eigentumsfrage minde-
stens offen halten wollten und daß man daher absichtlich eine Fassung wählte,
die diesem Ziel entsprach und die daneben wenigstens die grundsätzliche Un-
veräußerlichkeit und die Zweckbestimmung der Sammlungen zu Nutz und
Frommen des Staates für alle Zeit sicherstellte. Einen gewiesenen Anlaß für
die Forderung dieses Anerkenntnisses bot schon der Rückblick auf die jüngste