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durch den Wortlaut des Gesetzes vom 16. Februar 1879, indem dessen § 1
ausdrücklich nur der Behinderung am sofortigen Regierungsantritt gedenkt
und auch wohl die Fassung des § 6 (welcher . die Regierungsverwesung bis
zum Regierungsantritt des behinderten — Thronfolgers fortführt“) auf die
stets vorausgesetzte Möglichkeit einer künftigen Beseitigung des vorliegenden
Hindernisses hinzudeuten scheint. Freilich ist die Ausdrucksweise des Gesetzes
weder überall klar, noch formell mustergültig (vgl. namentlich § 5, Abs. 2). —
Mit dem Ergebnis, daß bei „immerwährender Regierungsunfähigkeit“ das
Regentschaftsgesetz nicht zur Anwendung komme, stimmt auch überein Otto
(S. 109), der nur in der Begründung dahin abweicht, daß in einem solchen
Falle der zunächst Berufene, weil von der Thronfolge Überhaupt ausgeschlossen,
gar nicht als „erbberechtigter Thronfolger“ im Sinne des Gesetzes vom
16. Februar 1879 anzusehen sei. Indessen ist die Unterscheidung zwischen
Erbberechtigung und Erbfähigkeit (Sraccessionsfähigkeit) noch in der Rechts-
sprache des Entwurfs von 1873 zum Ausdruck gebracht. — Eine Lücke in
den Verfassungsbestimmungen ist übrigens auch nach dem Erlaß des Regent-
schaftsgesetzes bestehen geblieben, da vom Geltungsbereich des letzteren alle die-
jenigen Fälle ausgeschlossen sind, wo ein körperliches oder geistiges Hindernis
der Regierungsführung — und zwar gleichviel, ob voraussichtlich vorüber-
gehend oder bleibend — erst nach dem Antritt der Herrschaft seitens des Thron-
folgers sich geltend macht.
*
In den im § 1 bezeichneten Behinderungsfällen soll, insofern
nicht sofort nach der Thronerledigung ein berechtigter Regent die
Regierungsverwesung nach Maßgabe der im § 20 des Landes-
grundgesetzes enthaltenen Bestimmung antritt, eine provisorische
Regierung des Landes durch einen „Regentschaftsrath“ eintreten,
welcher letztere aus den stimmführenden Mitgliedern des Herzog-
lichen Staatsministeriums, dem Präsidenten der Landesversamm-
lung und dem Präsidenten des Obergerichts (künftig des Ober-
landesgerichts) besteht.
Als Präsident der Landesversammlung gilt für berufen der
Präsident des letzten Landtages vor der Thronerledigung bis zu
einer Neuwahl desselben, — falls aber der Landtag zur Zeit
der Thronerledigung in Function sein sollte, der Präsident der
tagenden Landesversammlung. Bei eintretenden Behinderungen
von längerer Dauer fungiren für die genannten Präsidenten
deren Vertreter, die Vice-Präsidenten, über deren Berufung der
Regentschaftsrath beschließt!).
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