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daß in die erste Klasse mindestens 5 Proz., in die zweite mindestens 20 Proz.
aller Wahlberechtigten zu setzen seien; auch gaben sie eine Reihe von Anhalts-
punkten für die Abgrenzung der Urwahlbezirke, Zahl der Wahlmänner in den
einzelnen Bezirken, Wahlort und Wahlverfahren.
Am 31. Januar 1899 fand die Beratung über die Vorschläge der Kom-
mission statt. Der Staatsminister v. Otto legte die Beweggründe dar, aus
denen die Regierung in ihren Vorlagen zu einer einschneidenden Umgestaltung
des Gesetzes über die Zusammensetzung der Landesversammlung und des Wahl-
gesetzes sich nicht habe bewogen finden können und wies in dieser Beziehung auf die
Schwierigkeiten hin, denen die Landesregierung bei dem Reformversuch von 1873
begegnet sei, wie auf die seitdem wiederholt hervorgetretene Abneigung der
Landesversammlung, in den Grundlagen der beiden Gesetze wesentliche Änderungen
eintreten zu lassen. Indem er die Hoffnung aussprach, daß an der Hand der von
der Kommission eingebrachten Vorschläge eine Verständigung sich werde erreichen
lassen, erklärte er, daß die Landesregierung es an Entgegenkommen nicht werde
fehlen lassen. Als man nach Schluß der allgemeinen Beratung in die Ver-
handlung über die einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfes über die ander-
weite Zusammensetzung der Landesversammlung eintrat, gelangten sie sämtlich,
zum Teil ohne weitere Erörterungen, mit großer Stimmenmehrheit zur An-
nahme, und es fand darauf der Entwurf als Ganzes gegen acht, der der Grund-
züge des Wahlgesetzes gegen fünf verneinende Stimmen Genehmigung. Unterm
17. Februar ließ das Ministerium einen im wesentlichen diesen Beschlüssen
nachgebenden, neuen Entwurf des Gesetzes über Zusammensetzung der Landes-
versammlung, am 22. desselben Monats ein neues Wahlgesetz der Landes-
versammlung zugehen. Der erstere wich vom Entwurf der Kommission hauptsäch-
lich insoweit ab, als die Zahl der Abgeordneten der Stadt= und Landgemeinden
von je 15 auf 14 herabgesetzt und von den damit frei werdenden Sitzen einer
den Gewerbetreibenden (des Wahlbezirks Kreis Braunschweig), der andere dem
Amtebezirk Thedinghausen überwiesen war. Die Sitzungen vom 9. bis 11. März
1899 brachten die letzten entscheidenden Beratungen. Hinsichtlich der Zusammen-
setzung des Landtages beharrte die Landesversammlung gegenüber den angegebenen
Anderungen des Regierungsentwurfes bei den Vorschlägen, die der Entwurf der
Kommission enthalten hatte. Das Wahlgesetz erfuhr eine Reihe von Ande-
rungen, die meist das Wahlverfahren betrafen, in ihrer Fassung zum Teil einiges
zu wünschen übrig ließen 1), im allgemeinen aber nicht von Erheblichkeit waren.
Von seiten der Landesregierung wurde sofort das Einverständnis mit sämtlichen
zu den beiden Vorlagen beschlossenen Anderungen ausgesprochen, und so konnte
im unmittelbaren Anschluß an die Beratungen die Endabstimmung stattfinden.
Am 9. März erhielt der Entwurf des Gesetzes über die Zusammensetzung der
Landesversammlung mit 36 gegen 7, zwei Tage hernach der des Wahlgesetzes
mit 37 gegen 6 verneinende Stimmen die verfassungsmäßige Zustimmung der
1) Der Kommission, die diese Anderungen in Vorschlag brachte, ist daraus jedoch
kein Vorwurf zu machen, da die Geschäftslage eine außerordentliche Beschleunigung
der Vorberatungen erfordert hatte.