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Regenten, je nachdem sie vor oder nach eingetretener Thronerledigung erforder-
lich werde, überwiesen (§§ 3 und 4) und dem Regenten Vollmacht gegeben,
mit den Regierungsgeschäften einen Statthalter widerruflich zu beauftragen
(§ 5). In geheimer Sitzung der Landesversammlung vom 26. März 1873
fand der Entwurf fast einstimmige Genehmigung. So schien man alle Klippen
glücklich umsegelt zu haben, als nach einiger Zeit das Staatsministerium die
Mitteilung machte, daß vom Kaiser die Übernahme der erbetenen Garantie ab-
gelehnt sei, da dem Deutschen Reiche die Prüfung der Legitimation seiner Mit-
glieder, namentlich also die Prüfung der Berechtigung zu der Erbfolge in einem
Bundesstaate unter keinen Umständen entzogen werden könne, diesem Rechte
und dieser Pflicht des Reiches aber durch den vorgelegten Entwurf bei der dort
vorgesehenen Eventualität vorgegriffen werde (Schreiben vom 9. Februar 1874).
Unter diesen Umständen glaubte man von irgend welchen weiteren Schritten
sich keinen Erfolg versprechen zu dürfen. Man beschloß demnach (Sitzung
vom 25. März 1874), im Vertrauen, daß die Reichsgewalt zur gewiesenen
Zeit für die Aufrechterhaltung von Recht, Frieden und Wohlfahrt im Herzog-
tum aus eigenem Antrieb mit gewissenhafter Pflichttreue sorgen werde, die
Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.
Dem Abgeordneten v. Veltheim gebührt das Verdienst, diese Resignation
wirksam bekämpft zu haben 1). Unter Hindeutung auf den seit den letzten Ver-
handlungen erfolgten Tod des Königs Georg und die Aufrechterhaltung aller
Ansprüche auf Hannover seitens des Herzogs von Cumberland, sowie unter
Hervorhebung des Umstandes, daß es nur eines „auf gemessene Zeit berechneten,
interimistische Zustände begründenden Gesetzes“ zur Verhütung eines Inter-
regnums bedürfen werde, trug er bei dem Beginne des 16. ordentlichen Landtages
in der Sitzung vom 13. Dezember 1878 mit Entschiedenheit darauf an, von
neuem in Erwägung zu nehmen, ob und welche Maßregeln zu treffen seien,
damit im Falle einer Erledigung des Thrones die in der reichsverfassungsmäßig
verbürgten Selbständigkeit des Landes einbegriffene ordnungs= und verfassungs-
mäßige Verwaltung vor Störungen gesichert werde. Der Antrag, von den beiden
Berichterstattern?) warm befürwortet, fand am 20. Dezember Annahme, und
schon am 6. Januar 1879 legte das Ministerium der Landesversammlung den
Entwurf eines Gesetzes vor, die provisorische Ordnung der Regentschaftsverhält-
nisse bei einer Thronerledigung betreffend. Das Begleitschreiben bemerkte, daß,
wie der Antrag des Landtages, so auch der Gesetzentwurf nur auf die proviso-
rische Sicherung der verfassungsmäßigen Landesverwaltung gegen Unter-
brechungen und Gefährdungen berechnet sei, daß er in dieser Beschränkung
aber — und darin liegt ein weitgreifender Unterschied der Vorlage gegenüber
1) Die Denkschrift des Staatsministeriums vom 3. März 1902 über die recht-
liche Natur der gegenwärtigen Regentschaft (Verhandlungen des 26. ordentlichen Land-
tages, Anlage 51) führt allerdings (S. 14) die Wiederaufnahme der Verhandlungen
auf die „eigenste Initiative des Herzogs Wilhelm“ zurück. Danach wäre also v. Velt-
heim nur als Vermittler der höheren Orts geäußerten Wünsche anzusehen.
2) Den Abgeordneten Bode und Ernesti.