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waltsam entrissen und nach hartnäckigem Widerstande 1610
geradezu den Jesuiten übergeben. Mit roher Gewalt wurde
das Volk, mit ziemlicher Langmut aber der Adel zur Be—
kenntnis der Lehre Roms nach dem Katechismus des Jesuiten
Canisius gezwungen.
Zahlreiche Bauernaufstände erhoben sich am Ende des
16. Jahrhunderts gegen den Glaubenszwang, wurden aber
blutig niedergeschlagen. Der Geist des verwandten spani—
schen Herrscherhauses war im österreichischen völlig herrschend
geworden, und sein Wüten erlitt nur eine kurze Unterbrech-
ung, als im Bruderstreite Matthias — aus Politik —
den Protestanten wieder Duldung gewährte, um die Huldi—
gung von ihnen zu empfangen.
Entscheidend wurde der Sieg des Jesuitentums in
Osterreich durch den Schüler und unbedingten Anbeter
dieses Ordens, den nachmaligen Kaiser Fer dinand II.;
er besuchte als Erzherzog von Steiermark Rom, versprach
dem Papst 1598 fußfällig, die katholische Religion zur
alleinherrschenden zu machen und hielt sein Wort, worauf
er sich in der Kapuzinerkirche zu Graz als Erzengel
Michael abbilden ließ, der den Teufel in der Gestalt —
Luthers besiegt. Kärnten und Krain folgten nach. Man
nannte das Niederreißen protestantischer Kirchen und das
Vertreiben ihrer Prediger, sowie die Zerstörung der
Schulen gleichen Bekenntnisses und die Verbrennung der
Schriften desselben damals „Reformation.“ Kaiser Rudolf
that seit 1601 dasselbe in Ober= und Niederösterreich, ja
sogar in den mit eigenen Rechten begabten Königreichen
Böhmen und Ungarn. Einem italienischen Augustiner=
mönche gelang es, den Kaiser an der Erfüllung der Bitte
seiner protestantischen Fürsten zu verhindern, daß den
Jesuiten verboten werde, gegen den Religionsfrieden von
1555 zu schreiben, so daß die Protestanten den Reichstag
1608 verließen und die „Union“ gründeten. Ihnen gegen-