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müssen dem Exerzierenden ebensoviel gelten wie die Bibel.
Was die Kirche schwarz nennt, sagt Loyola, muß er als
schwarz anerkennen, auch wenn es ihm weiß erscheint. Der
Jesuit Bellarmin geht noch weiter und sagt, daß selbst
die Sünde, wenn vom Papste geboten, zur Pflicht werde
oder wörtlich: wenn der Papst darin irrte, daß er Laster
vorschriebe und Tugenden verböte, so sei die Kirche gehalten,
zu glauben, daß die Laster gut und die Tugenden schlecht
seien, wenn sie nicht gegen ihr Gewissen sündigen wolle; sie
müsse glauben, was er befehle sei gut und was er verbiete
schlecht. (Bellarmin de controv. T. I. de Rom. Pont.
lib. IV. c. 5.). Der 1893 aus dem Orden ausgetretene
Graf Paul von Hoensbroech bezeugt folgendes: „Der Jesui-
tismus nivelliert die geistige Selbständigkeit seiner Glieder,
zwingt diese in eine alles umfassende, alles beherrschende
Schablone, läßt sie dadurch verkümmern und nicht zu der
ihr naturrechtlich zustehenden Entfaltung gelangen. . Von
Viertelstunde zu Viertelstunde ist dem Novizen vorgeschrieben,
was er zuthun hat.. Der Wille, die Neigung zu irgend
einer Thätigkeit wird abgestumpft.. Will der Novize
einen Schluck Wasser trinken, ein Stück Papier, ein Buch,
einen Bleistift benutzen, so muß er um Erlaubnis fragen..
Jeder Novize bekommt einen sog. Schutzengel zugeteilt, d. h.
zwei Novizen haben täglich zu einer bestimmten Stunde
sich gegenseitig aufmerksam zu machen auf Verstöße, die sie
etva begangen haben. Mehrmals im Jahre wird die sog.
Steinigung vorgenommen; jeder Novize muß niederknien
und dann darf jeder der übrigen äußere Verstöße an ihm
tadeln, z. B. er geht zu rasch, zu langsam, spricht zu laut,
zu leise u. s. v. Jede Woche werden ihm bestimmte
Ordensgenossen beigegeben, nur mit diesen darf er sich unter-
halten. . . Kurz, es ist der ganze Mensch in allen
seinen Bewegungen und äußerm Gebahren, bei Tag und
bei Nacht, der erfaßt, gemodelt wird."