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so viele Ausnahmen, Hinterthüren, Umwege und Schleich—
wege, daß sich ihre Moral als die nackteste Heuchelei kenn-
zeichnet!
Übrigens haben die Päpste Alexander VII. (1665
und 66) 45, Innocenz XlI. durch Dekret vom 2. Mätz
1679 nicht weniger als 65 und endlich Alexander VIII.
1690 noch 33 Lehrsätze der Jesuitenmoral verworfen und
verdammt, was aber die späteren und auch noch die heutigen
Jesuiten nicht verhindert, bei den meisten derselben zu ver-
harren. —
Wenn nun, allen diesen Thatsachen zum Trotz, der aus
dem Jesuitenorden ausgetretene Graf Paul von Hoens-
broech in seiner diesen Austritt begründenden Schrift
(3. Aufl., Berlin 1893, S. 10) sagt: Die Moral der JFe-
suiten sei eine solche von tadelloser Lauterkeit, so begeht er
damit eine Vermengung der Moral, die der Orden lehrt,
mit derjenigen, welche seine Glieder üben. Gegen die
letztere schreiben wir nicht, weil wir keine Anhaltspunkte
über sie haben, und wollen daher nicht bezweifeln, daß die
meisten Jesuiten tugendhaft leben. Wir halten es aber für
unverantwortlich und schädlich, wenn der Orden trotzdem bis
auf den heutigen Tag an dem alle Moral untergraben-
den Probabilismus festhält. Es ist absolut unehrlich,
wenn dieselben Leute, die nach dem Grafen Hoensbroech,
im Herzen voll tadelloser Lauterkeit sind, — zugleich als
„spitzfindige Köpfe"“ das Laster in seinen abstoßendsten
Formen entschuldigen, ja sogar gestatten! Zwischen „Kopf“
und „Herz“ darf es keinen Widerspruch geben!