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societatis Jesu zur Grundlage. Nach dieser zerfällt
eine jesuitische Lehranstalt in zwei Abteilungen: Studia su-
periora und Studia inferiora. Jede derselben hat einen
Präfekten, beide zusammen einen Rektor. Die Studia in-
feriora haben wieder fünf Klassen: Rudiment, Grammatik,
Syntax (jetzt untere, mittlere und obere Grammatik),
Humanität und Rhetorik, jede mit 1 bis 2 Jahren Lern-
dauer, welche im ganzen einem Gymnasium entsprechen.
Die Hauptsache im Lehrgange dieser Schule ist die Er-
lernung der lateinischen Sprache, aber nicht die Kenntnis
ihrer Satzbildung, sondern die Übung derselben und die
Geschicklichkeit zu reden und zu schreiben. Von der Syntax-
klasse an dürfen Lehrer und Schüler nur lateinisch sprechen.
Der Wahlspruch der Jesuitenschulen heißt daher: „lege,
scribe, loquere.“" Man glaubt dies Ziel namentlich durch
Überladung des Gedächtnisses der Schüler mit Redensarten
zu erreichen, deren man Sammlungen über die verschieden-
sten Dinge anlegt. Unter die ersten Pflichten der Schüler
gehört die, täglich den Rosenkranz zu beten; auch müssen
sie monatlich beichten. Die Muttersprachen waren bis
1832 an den jesuitischen Anstalten streng verpönt und
werden noch jetzt vernachlässigt. Früher war ihr Sprechen
mit Strafen bedroht, die man nur los werden konnte, wenn
man — einen Mitschüler verklagte, der sich des nämlichen
Vergehens schuldig machte, wie denn auch jeder Jesuiten-
schüler von den Oberen einen Nebenbuhler (aemulus) er-
hält, mit dem er im Lernen wetteifern muß. Die alten
Klassiker dienen einzig und allein zur Bildung des Stils,
ohne Rücksicht auf den Geist derselben, daher auch Cicero
als das höchste Ideal dieser Schulen verehrt wird. Aus
Vergil flicken die Jesuitenschüler lateinische Gedichte zu-
sammen und führen lateinische Dramen auf, doch nicht solche
des Plautus und Terentius, sondern selbstgedichtete. Auch
Griechisch wird gelernt, ja sogar mit dem Anspruche, diese