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Unwissenheit über die Geisteskämpfe der Gegenwart, über
die aktuellen wissenschaftlichen Richtungen, die er zum großen
Teil weder in ihren Trägern, noch in ihren Produkten
auch nur dem Namen nach kennt. . .. Will der studirende
Jesuit etwas lesen, so steht ihm nicht, auch wenn er ein
gereister Mann ist, die Bibliothek zur freien Verfügung,
sondern er hat sich an seine Oberen zu wenden, und
nach ihrem Gutdünken wird sein Wunsch erfüllt oder nicht.
Daß dabei sehr oft eine engherzige Auffassung waltet, liegt
auf der Hand.“
Den Schulen der Jesuiten entsprechen auch ihre wissen-
schaftlichen Leistungen. Wie in jenen, so nehmen sie
auch in diesen eine ganz eigentümliche, von der fortschreiten-
den Kulturentwickelung der Menschheit völlig abgeschiedene
und getrennte Stellung ein. Daher können sie auch nicht
zugeben, daß Jesuiten von Anderen als von Ordensgenossen
unterrichtet und über Erwerbung von Kenntnissen geprüft
werden. So erwirkten sie schon 1552 vom Papste Julius III.
das Vorrecht, gleich den Universitäten, ihren Schülern die
Grade eines Baccalaureus, Magisters, Licentiaten und Dok-
tors zu erteilen, was Pius IV. 1561 bestätigte. Und doch
waren die Anstalten der Jesuiten, auch wenn sie Universitäten
hießen, niemals vollständige Hochschulen; sie enthielten bloß
die Fakultäten der Theologie und der „freien Künste"“ (jetzt
als die der „Philosophie“ bezeichnet).
Sehen wir nun, welche Leistungen die durch jesuitische
Schulen gebildete und genährte Litteratur des Ordens auf-
zuweisen hat.
In der Kirchengeschichte gilt für die Jesuiten Cäsar
Baronius aus Campanien (geb. 1538, gest. 1607) der
zwar nicht Mitglied des Ordens, aber durchaus ein Gesinnungs-
genosse desselben war, als Autorität; denn in dem Riesen-
werke seiner Annales ecclesiastici ist dieser Wissenszweig
so dargestellt, das alles zu Gunsten der römischen Kirche