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übenden Fürsten vergleicht, ist eine Lehre, die im Mittel-
alter vorherrschte. Mit der Verwerfung dieses vollkommen
wahren Satzes wollte Pius IX. offenbar sagen, daß diese
Lehre nicht nur im Mittelalter herrschte, sondern auch in
der Neuzeit herrschen solle. Pater Clemens Schrader aber
fügte einfach ein „nicht" ein und leugnete damit, ohne es
zu bemerken, die Lehre von der Souveränetät des Papstes
sogar in Bezug auf das Mittelalter!! Der Gegensatz zum
38. Satze lautet: „zur Teilung der Kirche in die morgen-
ländische und abendländische haben nicht die übertriebenen
Gewaltstreiche der Päpste beigetragen,“ beschuldigt also die
Päpste in der Fassung, die ihre Ansicht vorstellen soll,
„Übertriebener Gewaltstreiche.“ Ebenso gut ist der Gegen-
satz zum 76. Satze: „Die Abschaffung der weltlichen Herr-
schaft des apostolischen Stuhles würde zur Freiheit und zum
Glücke der Kirche nicht außeror dentlich viel beitragen.“
Nicht außerordentlich viel! Also doch ziemlich viel oder
wenigstens etwas! Ein einzelner Jesuit! wird man rufen.
Aber Clemens Schrader ist mehr als das; da er gewürdigt
wurde, in einem umfangreichen Buche die kirchlichen Thaten
Pius IX. zu verherrlichen, muß man ihn als offiziellen Ver-
treter des Jesuitenordens und des römischen Systems be-
trachten. Und solche „scharfsinnige Logiker“ sollen die Männer
sein, vor deren „Gelehrsamkeit“", wie ein ultramontanes Blatt
sagt, die Liberalen sich fürchten?? Risum teneatis!
Abgesehen aber auch von solcher, den Verfall an der
Stirne tragender „Wissenschaftlichkeit“ schließen sich die
Jesuiten aus dem Reiche des forschenden Geistes schon durch
die fortgesetzte Huldigung aus, welche sie dem krassesten
Aberglauben darbringen. Nicht nur die früheren Jesuiten
etwa glaubten, gleich ihren Zeitgenossen, sämtlich an Hexerei
und Teufelsbeschwörungen, sondern ihr Ordensgenosse Gury
lehrt diese schönen Dinge noch in unseren Tagen als unzweifel-
hafte Thatsachen betrachten. Er glaubt an die Wirkung der