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in Empfang nehmen wollte; die Polizei, durch den redlichen
Bahnhofwirt aufmerksam gemacht, hatte in ihm einen Seelen-
händler erkannt.
Ein Beispiel, wie die infamen Mädchenverkäufer in
den Zeitungen annoncieren, um ihre Opfer zu angeln, ist
folgendes:
M## sucht zwei Gesellschaftsdamen für das Ausland,
M 3000 Fr., eine junge Goubernante von sanftem Cha—
rakter für eine russische Familie, 2400 Fr. Eilig!
Es giebt zahllose Agenturen für diesen Menschenfang,
die einen befassen sich mit OÖsterreich-Ungarn, Rußland u. s. w.,
die anderen mit dem Orient (Algerien, Tunisien, Agypten
u. s. w.) Ein Mädchen hatte sich auf ein solches Inserat
gemeldet und war von der Agentur D. . .. am 11. Febr.
1892 nach Port-Said in Agypten gesandt worden, um
dort als Vorleserin in einer vornehmen Familie mit monatlich
200 Fr. Gehalt angestellt zu werden. Dort angekommen,
wurde sie in ein Bordell geführt und 17 Tage lang zum
Schändlichsten gezwungen, bis ein Engländer sie aus dieser
Hölle rettete.
Im September 1892 hatte das Schwurgericht des
Seine-Departements einen gewissen Marcey, genannt Fran-
cesco, zu beurteilen, einen Abenteurer der schlimmsten Sorte,
welcher unter falschen Namen und dem Scheine nach unter
den verschiedensten Berufsarten von Diebstahl, Betrug und
Mädchenhandel lebte. In London war er unter dem Namen
„Alexander der Chinese“", als einer der berüchtigsten Zu-
hälter bekannt, und in Paris war er Lieferant der Bordelle.
Am 18. September 1891 begegnete ihm auf dem Boulevard
Saint-Marin in Paris die 15 Jahre zählende Näherin
Marguerite Gibault, die er anredete und mit sich in eine
Restauration nahm, wo er mit ihr speiste, ihr dann ein
betäubendes Getränke gab und sie mißbrauchte, indem er die
Nacht mit ihr zubrachte. Am Morgen zur Erkenntnis ihrer