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Im vergangenen September (1892) wettete ein Wüstling
der höhern Pariser Gesellschaft mit einem Freunde, daß er
an einem Bankett bei Bonvalet hundert leichtlebige Frauen—
zimmer versammeln werde. Es kamen aber nur 80, und
der Wetter mußte 20,000 Fr. bezahlen. Er gab aber seine
Sache nicht verloren und wettete auf eine Versammlung von
200 Dirnen in den Salons Lemardelay, Rue Richelieu.
Mehrere reiche Kaufleute schlossen sich dem Unternehmer an,
der unter dem falschen Namen „Armand de Civrey“ Ein—
ladungen folgenden Wortlautes erließ:
„M. le Comte Armand de Civrey pric quatre dames
Tassister un banquet, qdu’il offre le mardi 20 septembre
à sept heures tres-précises, dans les salons Lemardelay 2c.
Wie der „Temps“ berichtet, wurden diese Einladungen
massenhaft in der Halbwelt verbreitet. Nicht weniger als
260 „Damen“ derselben fanden sich ein, erwartet von 40
„Herren.“ Um acht Uhr begann das Essen nach kostbarem
Menu à la Dubarry. Zuerst ging es ziemlich zahm zu
als aber die Köpfe erhitzt waren vom Champagner, wurde
es anders! Gegen 10 Uhr empfahlen sich die „Organi-
satoren“ des Ulkes, und nun bewarfen sich die betrunkenen
Dirnen mit Flaschen und Gläsern, zerrten einander an den
Haaren, zerbrachen Stühle, schrieen unzüchtige Lieder und
verführten einen solchen Lärm, daß sich eine zahllose Menschen-
menge vor dem Lokale ansammelte, welche lachte, heulte, pfiff
und ebenfalls Zoten schrie. Und darunter befanden sich
Arbeiter, die kaum zu leben hatten, junge Mädchen, Mütter
und Kinder! Mit Mühe brachte man die Dirnen aus dem
Hause und Herr Lemardelay konnte auf einen Schaden an
zerstörtem Eigentum im Betrage von 700 Fr. zurückblicken.
Welcher Triumph für die Feinde der „Bourgeoisie“!
Über die Zustände der Prostitution in Algier wurde
1878 berichtet: Es giebt hier dreierlei Prostituierte: ein-
heimische, europäische in Häusern und solche in Freiheit. Die