Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

104 Oesey, betressend die Verfassung des deuischen Reichs. Art. 11. 
tragen, das Weitere zur Erzielung der entsprechenden Vereinbarungen 
einzuleiten."“ 
Vergleiche hiezu die stenogr. Berichte des norddeutschen Reichstags 
1870 II, außerordentl. Session S. 76 u. 167 
5. Das Neich erscheint gegen Außen als ein einheitliches Ganzes 
und wird als solches vom Kaiser allein vertreten; vergl. hiezu die 
Aeußerung des Fürsten von Bismarck im Neichstage 1871 (Stenog. Ber. 
S. 95). 
6. Das Recht des Kaisers, Krieg zu erklären, ist durch die Be- 
stimmung in Abs. II des Art. 11 limitirt. 
Was das Recht der Einzelstaaten, für sich Krieg zu führen, be- 
trifft, so ist zunächst ein Krieg zwischen zwei Bundesstaaten durch die Un- 
auslöslichkeit des Bundesverhältnisses sowie durch die Bestimmung in Art. 76 
Abs. I der Verfassung rechtlich ausgeschlossen; aber auch mit einem aus- 
wärtigen Staate kann kein einzelner Bundesstaat für sich allein Krieg 
führen, denn im Falle eines auswärtigen Angriffs auf das Gebiet eines 
Bundesstaates hat der Schutz des Reiches einzutreten, während im Uebrigen 
in Betracht kommt, daß die Kontingente sämmtlicher Bundesstaaten inte- 
grirende Beslandtheile des Reichsheeres sind, welche im Kriege unter dem 
Oberbefehl des Kaisers stehen, und daher ohne dessen Genehmigung nicht 
für den Krieg verwendet werden können; auch ist zu berücksichtigen, daß 
die Einzelstaaten nicht in der Lage sind, bei einem Friedensschlusse ein- 
seitig d. h. ohne Mitwirkung des Reichs über Theile ihres Gebietes zu 
Gunsten einer auswärkigen Macht zu versügen. Den vorstehend erwähnten 
Beschränlungen unterliegt übrigens Preußen rechtlich in demselben Maaße, 
wie irgend ein anderer Bundesstaat. 
7. Bündnisse, welche die Zusicherung enthalten, daß das Reich an 
dem Kriege Theil nehmen werde, auch wenn ein Angriff auf das Bundes- 
gebiet oder dessen Küsten nicht erfolgt, werden zu ihrer Wirksamkeit im 
Hinblick auf Art. 11 Abs. II der Zustimmung des Bundesraths bedürfen. 
Die Einzelstaaten können für sich gegenüber fremden Staaten keine Ver- 
pflichtungen in Bezug auf ihr Verhalten in einem Kriegsfalle eingehen. 
8. a. Das Recht, Verträge zu schließen, ist gemäß Art. 11 
Abs. III unter Umständen an die Zustimmung des Bundesraths und die 
Genehmigung des Reichstags gebunden. 
b. Da die Verträge im Namen des Reichs eingegangen werden, 
so ist klar, daß sie sich nur auf Gegenstände beziehen können, welche nach 
den Bestimmungen der Verfassung oder der Natur der Sache als Reichs- 
angelegenheilen erscheinen. 
Nicht minder klar ist, daß die Einzelstaaten nicht befugt sind, über 
Gegenstände, welche aus schließend dem Reiche überwiesen sind, Verträge 
mit fremden Staaten einzugehen. — Concurrirt die Kompetenz des Reiches 
in Bezug auf eine bestimmte Materie mit den Regierungsrechten der Ein-
	        
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