114 Gesey, betreffend die Verfassung des deutschen Reichs. Art. 24, 25 u. 26.
den Reichstag übermittelten Petitionen zu berücksichtigen hat, ist in der
Verfassung nicht direkt bestimmt.
b. Als selbstverständlich wurde im constituirenden Reichstage erachtet,
daß dem Reichstage das Recht zukomme, Adressen zu erlassen und
Interpellationen zu stellen (Sten. Ber. 1867 S. 139); und es
wurde wohl aus diesem Grunde ein deßfalls gestelltes ausdrückliches
Amendement abgelehnt (Sten. Ver. 1867 S. 449); dagegen hat der
Reichstag, wie aus den Verhandlungen von 1867 (Sten. Ber. S. 443
bis 450) klar hervorgeht, nicht „das Rechk, Thatsachen durch Ver-
nehmung von Zeugen, Sachverständigen und anderen Auskunftspersonen
zu erheben und in gleicher Weise Kommissionen mit der Erhebung von
Thatsachen zu beaustragen."“
Interpellationen müssen nach § 30 der Geschäftsordnung be-
stimmt sermn und von 30 Mitgliddern unterzeichnet sein.
An die Beantwortung der Interpellationen oder deren Ablehnung
darf sich eine sofortige Besprechung des Gegenstandes anschließen, wenn
mindestens 50 Mitglieder darauf antragen. Die Stellung eines Antrags
bei dieser Besprechung ist unzulässig (§ 31 d. G.O.).
. Ein Beschwerderecht des Reichstags ergibt sich aus der Bestimmung
über die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers (Art. 17 der Verf.).
Art. 24.
Die Legislaturperiode!) des Reichstages dauert drei Jahre.
Zur Auflösung des Reichstages während derselben ist ein Be-
schlus des Bundesrathes unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.
1. Eine Verlängerung der Legislaturperiode für einen bestimmten
Fall ist im Wege der Verfassungsänderung zulässig und im Jahre 1870
erfolgt; ck. Stenogr. Ber. über die I. außerordentliche Session von 1870
S. 18 ff. und 22, dann die Stenogr. Ber. der II. außerordentlichen
Session S. 74.
Art. 25.
Im Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb
eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und
innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung
der Reichstag versammelt werden.
Art. 26.
Ohne Zustimmung des Neichstages darf die Vertagung des-