Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

Gefetz, betreffend die Verfassung des deutschen Reichs. Art. 31 u. 32. 117 
gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder 
sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen 
werden. 
1. Vergl. hiezu Thudichum, Verfassungsrecht des norddeutschen 
Bundes S. 205 ff., wo folgende Reichstagsverhandlungen allegirt sind: 
Sten. Ber. des konstituirenden Reichskags 1867 S. 468, ferner Sten. 
Ber. von 1868 S. 27, 77—89, 137; von 1869 S. 89 bis 99, 
129 —134. 
Art. 31. 
Ohne Genehmigung des Reichstages kann kein Mitglied des- 
selben während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe be- 
drohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet wer- 
den, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des 
nächstfolgenden Tages ergriffen wird. 
Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden 
erforderlich. 
Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen 
ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs= oder Civilhaft für 
die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben. 
Art. 32.1) 
Die Mitglieder des Reichstages dürfen als solche keine Be- 
soldung oder Entschädigung ) beziehen. 
1. Der Art. 32 war bereits im konstituirenden Reichstage Gegen- 
stand lebhafter Angriffe; vergleiche hiezu Hirsemenzel 1. c. S. 101. 
Seitdem wurden wiederholte Anträge auf Gewährung von Diäten 
-!ins. zum letzten Male im deutschen Reichstage (siehe Stenogr. Ber. 
1 S. 291 —299 und 301—315); hiebei stlimmten von 323 Ab- 
Hänheneen 185 für die Gewährung von Diäten. — Fürst von Bismarck 
entwickelte bei dieser Gelegenheit ausführlich die für die Diätenlosigkeit 
sprechenden Gründe und stellte die Ablehnung des Antrags von Seite des 
Bundesraths in Aussicht (Sten. Ber. 1871 S. 297.). 
Ferner wurde im Reichstage 1871 der Antrag gestellt, für die 
Berathung ungewöhnlich großer Gesetzentwürfe besondere, nach Vertagung 
des Reichstags in Wirksamkeit bleibende Kommissionen zu bestellen, deren 
Mitglieder Diäten beziehen sollen; cf. Sten. Ber. 1871 S. 638 ff.,
	        
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