Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

128 Geseh, betreffend die Verfassung des deutschen Reichs. Art. 45. 
1) daß baldigst auf allen deutschen Eisenbahnen übereinstim- 
mende Betriebsreglements) eingeführt werden; 
2) daß die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung der 
Tarife") erzielt, insbesondere, daß bei größeren Entfern- 
ungen für den Transport von Kohlen, Koaks, Holz, Erzen, 
Steinen, Salz, Noheisen, Düngungsmitteln und ähnlichen 
Gegenständen ein dem Bedürfniß der Landwirthschaft und 
Industrie entsprechender ermäßigter Tarif, und zwar zu- 
nächst thunlichst der Einpfennig-Tarif eingeführt werde. 
1. Dieser Artikel findet auf Bayern, vorbehaltlich der Bestimmung 
in Art. 47 der Verfassung, keine Anwendung. Bezüglich Württembergs 
wurde zu Art. 45 im Schlußprotokolle vom 25. November 1870 aner- 
kannt, „daß auf den Württembergischen Eisenbahnen bei deren Bau--, 
Betriebs= und Verkehrsverhältnissen nicht alle in Art. 45 aufgeführten 
Transportgegenstände in allen Gattungen von Verlehren zum Einpfennig- 
Satz bsördert werden können.“ 
Die dem Reiche hienach zugewiesene Aufgabe wird, abgesehen 
von den in Art. 45 ausdrücklich erwähnten Rechte der Kontrole haupt- 
sächlich darin bestehen, daß allgemeine Reglements und Reichsgesetze über 
die in Art. 45 bezeichneten Materien erlassen werden, vergl. hiezu die 
Verhandlungen des nordd. Reichstags von 1869 Bd. 2 S. 822 ff. 
3. Zur Ausführung des Art. 45 hat der Bundesrath am 10. 
Juni 1870 (Bundesgesetzbl. S. 419 ff.) ein Betriebsreglement für die 
Eisenbahnen im nordd. Bunde erlassen, welches in Abtheilung 4& die Be- 
förderung von Personen, Reisegepäck, Leichen, Fahrzeugen und lebenden 
Thieren und in Abtheilung B die Beförderung von Gütern eingehend 
regelt. 
Dieses Reglement hat auf sämmtlichen norddeutschen Eisenbahnen 
im Lokal= und Verbandverkehr, sowie im Verkehr von Bahn zu Bahn 
zur Anwendung zu kommen. „Spezialbestimmungen einzelner Eisenbahn- 
verwaltungen oder Eisenbahnverbände haben neben diesem Reglement nur 
Geltung, wenn sie in die bezüglichen Tarife aufgenommen sind, mit den 
Festsetzungen dieses Reglements nicht im Widerspruch stehen, dieselben viel- 
mehr nur ergänzen oder wenn sie dem Publikum günstigere Bedingungen 
gewähren.“ 
4. Hinsichtlich der Beförderung von Postsendungen durch die Eisen- 
bahnen siehe § 5 des Gesetzes über das Postwesen des norddeutschen 
Bundes vom 2. November 1867 und § 4 des Gesetzenkwurfs über das 
Postwesen des deutschen Reichs von 171. — Ueber das Tarifwesen 
siehe die Verhandlungen des nordd. Reichstags 1869, Stenogr. Bericht 
Seite 823 ff.
	        
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