Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

130 Geseh, betressend die Verfassung des deutschen Reichs. Art. 48. 
Grundsätzen der reglementarischen Festsetzung oder administrativen 
Anordnung) überlassen ist. 
1. a. Der Abs. I des Art. 48 findet auf die Königreiche Bayern 
und Würktemberg, welche ihre selbstständige Post= und Telegraphenver= 
waltung behalten, keine Anwendung (Ziff. III 8 1 Abs. 2 des bayrischen 
und Art. 3 des württemb. Vertrags), jedoch ist in Art. 11 der württem- 
bergischen Militärconvention vom 21./25. November 1870 bestimmt, daß 
während eines Krieges die obere Leitung des Telegraphenwesens, soweit 
solches für die Kriegszwecke eingerichtet ist, dem Bundesfeldherrn zustehe. 
b. Der Absatz II des Artikel 48 gilt unter den in Art. 52 Ab- 
satz II der Reichsverfassung gemachten Vorbehalten in gewissem Sinne 
auch für Bayern und Württemberg. 
2. Bisher bestanden im norddeutschen Bunde in Bezug auf das 
Postwesen folgende Gesetze: 
a. Das Gesetz über das Postwesen vom 2. November 1867 
(Bundesgesetzbl. 1867 S. 61 ff.), welches auf Grund des hessischen 
Vertrags vom 19. Juli 1867 auch auf Südhessen ausgedehnt war 
und vom 1. Januar 1872 in Baden in Kraft treten soll; 
b. das Gesetz über das Posttaxwesen vom 4. November 1867; 
c. das Gesetz vom 5. Juni 1869, betreffend die Portofrei- 
heiten, welch' beide Geseße gleichfalls vom 1. Januar 1872 in Baden 
gelten sollen, während sich bezüglich Hessens im Vertrag vom 15. Nov. 
1870 ad Ziff. 4 ein besonderer Vorbehalt findet, welcher die Aufrecht- 
haltung der zwischen dem norddeutschen Bunde und Hessen bestehenden 
Verträge betrifft. In den Königreichen Bayern und Württemberg ist 
das Postwesen bisher nicht generell im Wege der Gesebgebung, sondern 
durch einzelne Verordnungen und Direktiverlasse geregelt worden. — Das 
Posttaxwesen war für den Verkehr der süddeutschen Staaten unter 
sich und mit Norddeutschland durch den Postvertrag vom 23. Nov. 1867 
geordnet. 
Die ad a und b erwähnten Gesetze sollen nunmehr unter Berück- 
sichtigung des erwähnten Postvertrags vom 23. November 1867 revidirt 
und auf das ganze Reich ausgedehnt werden, und es erfolgte demgemäß 
die Vorlage zweier Gesetzentwürfe an den Reichstag, von deuen der erste 
über das Poslwesen des deutschen Reiches in den Anlagen zu den steno- 
graphischen Berichten in Nr. 87 und 119, und der zweite in Nr. 88 
und 120 der Aulagen abgedruckt ist. Beide Entwürfe sind im Reichstage 
bereits durchberathen; ck. Stenogr. Bericht 1871 Seite 658 ff., 680 
ff., 729 ff. und 817 ff., dann S. 692 ff. u. 877 ff. 
In Bezug auf das Telegraphenwesen besteht das Gesetz vom 
1 6. Mai 1869, welches vom 1. Jannar 1872 gleichfalls in Baden 
in Wirksamkeit tritt.
	        
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