Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

140 Gesetz, betreffend die Verfassung des deutschen Reichs. Art. 57 u. 58. 
und Beistand zu gewähren. Sie führen die Matrikel über die in ihrem 
Amtsbezirke wohnenden Bundesangehörigen, haben nach Maaßgabe des 
oben ad b erwähnten besonderen Gesetzes die Befugniß zu Eheschließungen 
und zur Beurkundung des Personenstandes, können Urkunden legalisiren 
und Zeugnisse mit öffentlichem Glauben ausstellen und verrichten die Ge- 
schäfte eines Notars in ihrem Amtsbezirke. Sie sind zur Behandlung 
es Nachlasses der in ihrem Amtsbezirke verstorbenen Bundesangehörigen 
berufen; sie können gerichtlichen Nequisitionen in Bezug auf Zustellungen 
entsprechen und auf Grund besonderer Ermächtigung des Reichskanzlers, 
Zeugen abhören und Eide abnehmen. Sie haben das Vermittlungs= und 
Schiedsrichteramt, und üben die volle Gerichtsbarkeit in denjenigen 
Ländern, in welchen ihnen dieß durch Herkommen oder Staatsver- 
träge gestattet ist. Die Bundeskonsuln sind ferner befugt, Pässe aus- 
zustellen und zu visiren und hilfsbedürftigen Bundesangehörigen Unter- 
stützungen zu gewähren; sie haben endlich ausgedehnte Rechte und Pflichten 
in Bezug auf den Schuß der Interessen der Kriegs= und Handelsmarine. 
3. Da das Reich innerhalb des Bundesgebietes keine Konsulate 
errichten kann, so ist klar, daß die Befugniß der Einzelstaaten bei anderen 
Bundesstaaten Konsulate zu haben und zu errichten durch die Verfassung 
nicht aufgehoben wurde; die Wirksamkeit solcher Landcskonsulaté ist jedoch 
naturgemäß eine beschränkte. 
XI. Reichs-Kriegswesen. 
Art. 57.) 
Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung 
dieser Pflicht nicht vertreten lassen. 
1. Dieser Artikel findet auch auf Bayern Anwendung. Zwar ist 
das Gesetz, die Verpflichtung zum Kriegsdienste betreffend, vom 9. No- 
vember 1867 zur Zeit in Bayern noch nicht eingeführt, allein es kann 
mit wenigen die Militärhoheit und das Verordnungsrecht betreffenden 
Modisikationen jeden Augenblick daselbst in Wirksamkeit gesetzt werden 
(vergleiche die Rede des Präsidenten des Bundeskanzleramtes vom 5. Dez. 
1870 Sten. Ber. S. 69). Das bayrische Wehrverfassungsgesetz vom 
Jahre 1868 beruht übrigens, abgesehen von den Bestimmungen über die 
Dienstzeit, auf den nemlichen Grundsätzen wie das ebenerwähnte nord- 
deutsche Bundesgesetz. 
Für Württemberg besteht hinsichtlich dieses Artikels keine Ausnahme. 
Art. 58.) 
Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des Reichs
	        
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