III. Abschnitt.
Freizügigkteit.
Vorbemerkungen. I. Nach Art. 3 der Reichsverfassung soll
jeder Deutsche in jedem Bundesstaate zum festen Wohnsitze, zum Ge-
werbebetriebe und zur Erwerbung von Grundstücken, sowie zur Aus-
übung sonstiger bürgerlicher Rechte wie der Einheimische zugelassen wer-
den. Um diesem allgemeinen Grundsatze bezüglich der freien Bewegung
des Individnums eine feste Gestalt zu geben, wurde auf Grund des
Art. 4 der Reichsverfassung, wonach dem Reiche das Recht der Beauf-
sichtigung und Gesetzgebung in Betreff der Freizügigkeit zusteht, das
Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867 erlassen, welches
am 13. Mai 1871 in Bayern und am 1. Januar 1871 in den
übrigen süddeutschen Staaten als Reichsgesetz in Wirksamkeit getre-
ten ist.
Der Entwurf desselben nebst Motiven findet sich in den An-
lagen zu den stenographischen Berichten des Reichstags pro 1867
Nr. 50 und der hierüber erstattete Kommissionsbericht ebendaselbst
Nr. 109; die Reichstagsverhandlungen sind S. 532 ff. und
550—567 der stenogr. Berichle enthalten.
II. Unter Freizügigkeit versteht das Gesetz das Recht des
Deutschen, sich allenthalben im ganzen Neiche seinen Aufenthalt frei,
d. h. ohne obrigkeitliche Erlaubniß und ohne lästige Bedingungen von
Seile der Einzugsgemeinde zu wählen, Grundstücke zu erwerben und
unter den für Einheimische geltenden Bestlimmungen Gewerbe zu be-
treiben. Dieses Recht ist nunmehr für alle Deutsche gleichheitlich gere-
gelt und es kann demzufolge kein Deutscher in Zukunft in einem
deutschen Staate nach den Bestimmungen über Ausweisung von Aus-
ländern behandelt werden.