Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

III. Abschnitt. 
Freizügigkteit. 
Vorbemerkungen. I. Nach Art. 3 der Reichsverfassung soll 
jeder Deutsche in jedem Bundesstaate zum festen Wohnsitze, zum Ge- 
werbebetriebe und zur Erwerbung von Grundstücken, sowie zur Aus- 
übung sonstiger bürgerlicher Rechte wie der Einheimische zugelassen wer- 
den. Um diesem allgemeinen Grundsatze bezüglich der freien Bewegung 
des Individnums eine feste Gestalt zu geben, wurde auf Grund des 
Art. 4 der Reichsverfassung, wonach dem Reiche das Recht der Beauf- 
sichtigung und Gesetzgebung in Betreff der Freizügigkeit zusteht, das 
Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867 erlassen, welches 
am 13. Mai 1871 in Bayern und am 1. Januar 1871 in den 
übrigen süddeutschen Staaten als Reichsgesetz in Wirksamkeit getre- 
ten ist. 
Der Entwurf desselben nebst Motiven findet sich in den An- 
lagen zu den stenographischen Berichten des Reichstags pro 1867 
Nr. 50 und der hierüber erstattete Kommissionsbericht ebendaselbst 
Nr. 109; die Reichstagsverhandlungen sind S. 532 ff. und 
550—567 der stenogr. Berichle enthalten. 
II. Unter Freizügigkeit versteht das Gesetz das Recht des 
Deutschen, sich allenthalben im ganzen Neiche seinen Aufenthalt frei, 
d. h. ohne obrigkeitliche Erlaubniß und ohne lästige Bedingungen von 
Seile der Einzugsgemeinde zu wählen, Grundstücke zu erwerben und 
unter den für Einheimische geltenden Bestlimmungen Gewerbe zu be- 
treiben. Dieses Recht ist nunmehr für alle Deutsche gleichheitlich gere- 
gelt und es kann demzufolge kein Deutscher in Zukunft in einem 
deutschen Staate nach den Bestimmungen über Ausweisung von Aus- 
ländern behandelt werden.
	        
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