232 Gesetz Über die Freizügigkeit. 8 4.
sie zwar den Unterstützungswohnsitz aber kein Indigenat besitzt, aufnehmen
resp. behalten muß.
6. Die in Bayern zur erstinstanziellen Verfügung von Landesver-
weisungen gegen Bundesangehörige zuständigen Behörden sind die Kreis-
regierungen, Kammern des Innern; vergl. hiezu die Motive zu § 2 des
Gesetzes vom 22. April 1871, die Einführung norddeutscher Gesetze in
Bayern betr. Ortsverweisungen gegen Bundesangehörige, sowie Lan-
desverweisungen gegen Ausländer sind in Bayern auch fernerhin von den
betreffenden Distriktspolizeibehörden zu verfügen.
7. Die Landesverweisungen sind durch das Reichsgesetz zeitlich nicht
begrenzt; die Dauer derselben wird jedoch in einen bestimmten Zusammen-
hang mit der Dauer der nach den Landesgesetzen verfügten Aufenthalts-
beschränkungen gebracht werden müssen; serner wird anzunehmen sein, daß
Bettlern und Landstreichern der Aufenthalt in einem anderen Bundesstaate
nur verweigert werden kann, wenn sie innerhalb des dem Ausweisungs-
beschlusse unmittelbar vorangehenden Jahres zweimal bestraft wurden; es
wird daher nach Ablauf eines Jahres auch deren Rückkehr nicht zu bean-
standen sein; vergl. hiczu die Motive zum Staatsangehörigkeitsgesetz vom
1. Juni 1870 (Anlag. zu den Sten. Ber. S. 158 Ziff. 2.).
)
Die Gemeinde ist zur Abweisung eines neu Anziehenden nur
dann befugt,) wenn sie nachweisen?) kann, daß derselbe nicht
hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeitsfähi-
gen Angehörigen den nothdürftigen Lebensunterhalt zu verschaf-
fen, und wenn er solchen weder aus eigenem Vermögen? bestrei-
ten kann, noch von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält.
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, diese Befugniß der Ge-
meinden zu beschränken.)
Die Besorgniß vor künftiger Verarmung berechtigt den Ge-
meindevorstand nicht zur Zurückweisung.
1. Die Bestimmungen in § 4 und 5 des Freizügigkeitsgesetzes
haben den Zweck, die Interessen der Gemeinden gegenüber Nichtheimat-
berechtigten (Ortsfremden im Sinne der bayr. Gesetzgebung) zu wahren.
Dieß geschieht dadurch, daß den Gemeinden das Recht eingeräumt ist,
entweder dem Neuanziehenden sofort bei seinem Einzuge den Aufenthalt
zu untersagen, oder später auf dessen Ausweisung zu dringen. Die Vor-
aussetzungen, unter denen das erstere stalthaft ist (§ 4), sind verschieden
von den Gründen, aus denen später die Ausweisung erfolgen darf. —
In beiden Fällen geschieht jedoch die Aufenthaltsbeschränkung nicht aus