234 Gesetz Über die Freizugigkeit. 8 5.
Besorgniß vor künftiger Verarmung nach § 4 Abs. II des Gesetzes
nicht zur Zurückweisung berechtigt.
5) In Art. 45 Ziff. 2 des bayrischen Heimatgesetzes ist zwar
unter allen Umständen die Inanspruchnahme oder der Bezug einer öffent-
lichen Armenunterstützung als Voraussetzung der Ausweisung statuirt;
nachdem sich jedoch diese Stelle nur auf Personen bezieht, welche in die
Gemeinde bercits eingezogen sind, so wird der Schlußsatz des § 4 Abs. 1
hicrauf keine Anwendung finden.
§5 5.
Offenbart sich nach dem Anzuge) die Nothwendigkeit einer
ösfentlichen Unterstützung, bevor der neu Anziehende an dem
Aufenthaltsorte einen Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) er-
worben hat, und weist:) die Gemeinde nach, daß die Unter-
stützung aus anderen Gründen, als wegen einer nur vorüber-
gehenden Arbeitsunfähigkeit nothwendig geworden ist, so kann
die Fortsetzung des Aufenthalts versagt werden.)
1. Der § 5 enthält, wie bereits oben in Note 1 zu § 4 ange-
deutet, die Voraussetzungen, unter denen einer bereits längere Zeit
in der Gemeinde befindlichen Person die Fortsetung des Aufent-
haltes von Seite der Gemeinde beanstandet werden kann. Hiebei kommt
es auf folgende Punkte an:7)
a. Es muß die Nothwendigkeit einer öffenklichen Unterstützung
eingetreten sein; ob der Betreffende die Unterstützung nachgesucht oder
aus anderen Gründen erhalten hat, ist gleichgiltig, und ebenso wenig wird es
darauf anzukommen haben, ob die Unterstützung dem Familienhaupte un-
mittelbar verabreicht wurde oder einem Familiengliede, für welches das-
selbe zu sorgen hat. Was unter öffentlicher Unterstützung zu verslehen,
richlet sich nach den Gesetzen oder der Verwalkungspraris des betreffenden
Slaates, in Bayern nach dem Gesetze über öffentliche Armen= und Kranken=
pflege vom 29. April 1869; vergleiche hiezu meinen Kommentar zum
bayr. Armengesetze S. 106 und 196.
b. Der Betreffende darf noch keinen Unterstützungswohnsitz, in
Bayern leine definitive oder provisorische Heimat oder kein Bürgerrecht
in der Gemeinde besitzen. Der Begriff des Unterstützungswohnsitzes be-
mißt sich nach dem (in Bayern, Würtlemberg und Baden nicht einge-·
führten) norddeutschen Unterstützungswohnsitzgeseze vom 6. Juni 1870;
*) Vergleiche die Motive des Gesetzentw.: Anlage zu den Sten. Ber. S. 121.