246 Gesetz, belreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen.
Beschränkungen in Ansehung der bürgerlichen Rechte oder des Nieder-
lassungsrechtes, welche sich auf das Glaubensbekenntniß zurückführen
lassen, schon seit längerer Zeit nicht mehr und auch in Bezug auf die
Ausübung staatsbürgerlicher Rechte war man bemüht, im Wege der
Einzelgesetzgebung die vorhandenen Rechtsungleichheiten zu beseitigen.“
Daneben blieb aber der in Tit. IV § 9 Abs. III der bayrischen Ver-
fassungsurkunde enthaltene Grundsatz formell unverändert stehen, wonach
„die nicht christlichen Glaubens-Genossen zwar vollkommene Gewissens-
Freiheit haben, an den staatsbürgerlichen Nechten aber nur in
dem Maaße einen Antheil erhalten, wie ihnen derselbe in den organischen
Edikten über ihre Aufnahme in die Staats-Gesellschaft zugesichert ist.“
Dasselbe ist der Fall mit § 11 der II. Verfassungsbeilage, worin be-
stimmt ist: „Die Religionsänderung hat keinen Einfluß auf die allge-
meinen staatsbürgerlichen Rechte, Ehren und Würden, ausgenommen,
es geschehe der Uebertritt zu einer Religionsparthei, welcher nur eine
beschränkte Theilnahme an dem Staatsbürgerrechte gestattet ist;“ sodann
mit § 25 der II. Verfassungsbeilage, welcher sagt, daß die nichtchristlichen
Religionsgesellschaften „in Beziehung auf Staatsbürgerrecht nach den
über ihre „bürgerlichen“) Verhältnisse bestehenden besonderen Gesetzen
und Verordnungen zu behandeln“ seien.
Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführung, daß diese Be-
stimmungen mit dem Gesetze vom 3. Juli 1869 unvereinbar sind und
daher ipse jure außer Wirksamkeit ireten.
Die in Bayern bestehende — auf keiner direkten Gesetzesbestimmung
beruhende Praxis, Nichtchristen zu einzelnen Staatsämtern nicht zu
berufen, wurde in einem seit Einführung des in Rede stehenden Reichs-
gesetzes vorgekommenen Falle bereils verlassen.
*) 3. V. war das Recht, in die Gemeindevertretung oder in den Landtag
gewählt zu werden, unabhängig von einem bestimmten Glaubensbelenntnisie.
*“) „Bürgerlich“ ist hier offenbar im Gegensatze zu „religiös“ gebraucht.