Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

der Bundes- und Staatsangehörigleit. 255 
83. 
Durch die Geburt, auch wenn diese im Auslande') erfolgt, 
erwerben eheliche Kinder eines Norddeutschen die Staalsangehörig- 
keit des Vaters, uneheliche Kinder einer Norddeutschen die Staats- 
angehörigkeit der Mutter.) 
1. Der Geburtsort, mag derselbe im Auslande oder in einem 
anderen deutschen Staate sich befinden, ist für die Beurtheilung der Staats- 
angehörigkeit gleichgiltig. 
2. Erwirbt die Mutter später eine andere Staatsangehörigkeit, so 
behalten die unehelichen Kinder das durch Geburt erlangte Indigenat, 
insoferne nicht der in § 13 Ziff. 4 des Gesetzes vorgesehene Fall ein- 
tritt; dieselbe Vorschrift ist auch in Art. 9 Abs. IV des bayr. Heimat- 
gesetzes enthalten. 
8 4. 
Ist der Vater eines unehelichen Kindes ein Norddeutscher und 
besitzt die Mutler nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters, so 
erwirbt das Kind durch eine den gesetzlichen Bestimmungen ge- 
mäh erfolgte Legitimation!) die Staatsangehörigkeit des Vaters. 
1. a. Die bloße Anerkennung der Vaterschaft genügt nicht zur 
Begründung der Staatsangehörigkeit. 
b. Das Gesetz hat hier nicht bloß, wie das bayr. Heimatgesetz in 
Art. 9 Abs. IV, die Legitimation durch nachfolgende Ehe im Auge, 
sondern es ist jede gesetlich giltige Legitimation geeignet, die Staatsan- 
gehörigkeit des Vaters auf das uneheliche Kind zu übertragen. Die 
Frage, ob eine Legitimation mit rechtlicher Wirkung erfolgt sei, ist, wie 
die Motive (S. 157) ausdrücklich hervorheben, nach den Landesgesetzen 
zu beurtheilen. 
8 5. 
Die Verheirathung!) mit einem Norddeutschen begründet für die 
Ehefrau:) die Staatsangehörigkeit des Mannes. 
1. Die Verheirathung muß nach den Gesetzen des betreffenden 
Staates in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Hinsicht giltig sein; das 
bayr. Indigenat wird demgemäß im Falle der Verheirathung eines in 
den älteren bayr. Landestheilen heimatberechtigten Mannes mit einer Nicht- 
bayerin von der letzteren nur dann erworben, wenn das im bayr. Gesetze 
über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 Art. 33
	        
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