der Bundes- und Staatsangehörigkeit. 257
Kammern des Innern, die Instruktion der Gesuche aber ist von den
Distriktsverwaltungsbehörden, in unmittelbaren Städten von den Magi-
straten zu pflegen; die Betheiligten haben sich daher zunächst an diese
Behörden zu wenden.
Die Aufnahme-Urkunde wird) jedem Angehörigen eines an-
deren Bundesstaates ertheilt, welcher um dieselbe nachsucht:) und
nachweist, daß er in dem Bundesstaate, in welchem er die Auf-
nahme nachsucht, sich niedergelassen?) habe, sofern kein Grund
vorlicgt, welcher nach den §§ 2 bis 5 des Ges. über die Frei-
zügigkeit vom 1. November 1867 (Bundesgesetzbl. S. 55) die
Abweisung eines Neuanziehenden oder die Versagung der Fort-
setzung des Aufenthalts rechtfertigt.")
1. a. Die Aufnahme muß Angehörigen eines anderen Bundes-
staates, welche den Voraussetzungen des § 7 genügt haben, ertheilt wer-
den, da es, wie die Motive sagen, „der Tendenz der Verfassung zuwider-
laufen würde, bei der einheitlichen Negelung des Indigenalswesens die
Angehörigen der anderen Bundesstaaten in Bezug auf die Erwerbung der
Sthatsangehörigteit auf dem Fuße der Ausländer iu behandeln.“" —
Da der § 7 die Gründe, aus denen die Aufnahme im einzelnen Falle
verweigert werden kann, erschöpft hat, so sind die Einzelstaaten nicht be-
fugt, dieselbe an lästigere Bedingungen, z. B. an die Bezahlung von Ge-
bühren, oder die Erwerbung der Heimat, oder den Nachweis der vorhe-
rigen Entlassung aus dem Verbande des bisherigen Heimatstaates zu
knüpfen.
Aus dem Umstande, daß die Aufnahme ohne Rücksicht auf den
Heimaterwerb stattzufinden hat, ergiebt sich für Bayern) die Nöthigung
einer Revision seiner Heimatgesetzgebung, denn nach der letzteren kann
zur Zeit Niemand gezwungen werden, eine Heimat zu erwerben, und es
würden demnach alle Neuaufgenommenen, welche dieß nicht freiwillig thun,
heimatlos bleiben und im Verarmungsfalle der Staatskasse zur Last fallen.
b. Ueber das in Bayern bei der Aufnahme zu beachtende Verfah-
ren siehe die im Anhange dieses Abschnitles abgedruckte Ministerialent-
schließung vom 9. Mai 1871 Ziff. 4
*) In den Bl. für administrative Praxis 1871 S. 140 ist bemerkt, daß
ein die bayerische Heimalgesetzgebung berücksichtigender Vorbehalt in dem Ein-
führungsgesetze zu machen gewesen wäre; das Wünschenswerthe eines solchen Vor-
behaltes ist nicht zu verkennen, aber ebensowenig, daß ein derartiger Vorbehalt
nicht bloß dem Systeme des Neichsgesetzes widersprochen, sondern auch eine Rechls-
ungleichheit geschaffen hätte.
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