Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

Reichskanzler und Centralbehörden des Reichs. 45 
Ueberwachung des gesammien Eichungswesens „die Normal-Eichungs- 
kommission“ zu Berlin bestellt und mit einem umfassenden Verordnungs- 
rechte ausgestattet. 
7) Für Handelssachen wurde auf Grund des Ges. vom 12. Juni 
1869 ein für alle Bundesstaaten gemeinsamer oberster Gerichtshof er- 
richtet, dessen Zuständigkeit sich über das ganze Bundesgebiet erstreckt, 
und welcher die Benennung „Bundes-Oberhandelsgericht" führt und 
seinen Sitz in Leipzig hat. — Die Kompetenz dieses Gerichtshofs 
wurde inzwischen erweitert und zwar zunächst durch die Bestimmung 
in § 32 des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht 
an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dra- 
matischen Werken, wonach das Bundesoberhandelsgericht nicht bloß hin- 
sichtlich derjenigen bürgerlichen Rechtsstreiligkeiten, welche sich auf Grund 
dieses Gesetzes ergeben, sondern auch in den nach dem letzteren zu be- 
urlheilenden Strassachen an die Stelle der obersten Landesgerichtshöfe 
gesetzt wurde. — Ferner sind dem Bundesoberhandelsgerichte durch die 
§§ 3 und 12 des Gesetzes, die Einführung norddeutscher Gesetze in 
Bayern betr. vom 22. April 1871 alle diejenigen Zuständigleiten 
übertragen, welche nach § 24 des Gesetzes vom 8. November 1867 
über die Organisation der Bundeskonsulate und dem preußischen Ober- 
tribunale zukommen. 
8) Zur Entscheidung der Berufungen in Streitigkeiten zwischen 
Armenverbänden, welche verschiedenen Bundesstaaten angehören, ist 
auf Grund des Gesetzes vom 6. Juni 1870, den Unterstützungswohnsitz 
betreffend, eine ständige und kollegiale Behörde — „das Bundesamt 
für das Heimatwesen“ in Verlin errichtet, welchem durch Landes- 
gesetz auch die Zuständigkeit zur Enlscheidung von Streitigkeiten zwi- 
schen Armenverbänden ein und desselben Staates überwiesen werden 
kann; vergl. die §§ 42 u. 52 des alleg. Gesetzes. 
9) Dem Neiche unmittelbar unlergeordnet ist ferner die gesammte 
Marineverwallung (Art. 53). 
10) Endlich sind als Reichsorgane zu nennen: die Gesandten und 
Konsuln des Reichs (Art. 11 u. 56 der Verf.), sowie die vom Kaiser 
ernannten Höchstkommandirenden der einzelnen Kontingente und die 
Festungskommandanten"). (Art. 64 der Verf.) 
— l Eine Ausnahme hinsichtlich der Miltärslellen besteht zu Gunsten Bayerns. 
 
	        
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