Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

§ 10. Einfluß des Bundesrechtes auf das Landesstaatsrecht. 51 
Unterstützungswohnsitz in demselben erwirbt. Im Uebrigen verbleibt es 
prinzipiell bei den landesgesetzlichen Bestimmungen über das Gemeinde- 
wesen (Art. 3 der Verf. und § 11 des Freizügigkeitsges. vom 1. No- 
vember 1867), soweit nicht die über andere Materien sich erstreckende 
Reichsgesetzgebung einen Einfluß auf dasselbe äußert; das Letztere ist 
z. B. der Fall bezüglich der Indigenatsgesetzgebung, indem hienach der 
Eintritt in den Gemeindeverband einerseits für Bundesangehörige nicht 
von lästigeren Bedingungen, als für den Inländer bestehen, abhängig 
gemacht werden und andrerseits die Erwerbung des Indigenats nicht 
mehr zur unmittelbaren Folge haben kann.“) 
9) Die gesetzgebende Gewalts'') sowie das Verordnungsrecht 
der Einzelstaalen ist auf die oben in den Paragraphen 8 und 9 näher 
entwickelte Weise zu Gunsten des Reiches manchfach modificirt, wogegen 
die Landesregierungen im Bundesrathe und Vertreter des deutschen 
Volks im Reichstage an der Reichsgesebgebung mitwirken. 
10) Auch die Regierungsgewalts“") der Einzelstaaten hat 
durch den Eintritt in das deutsche Reich verschiedene Veränderungen 
erlitten; die Fürsorge für die Sicherheit und Wohlfahrt des Gemein- 
wesens concentrirt sich nicht mehr ausschließend in der Hand der 
Landesregierungen, sondern ist in vielen und wichtigen Beziehungen an 
das Reich übergegangen und es finden sich ebendeßhalb auch die ma- 
teriellen Schranken der Regierungsgewalt nicht mehr im Landesrechte 
allein, sondern auch in der Reichsverfassung und den Reichsgesetzen. 
  
— 
*) Die Bestimmungen des Art. 9 des bayrischen Heimatgesetzes, dann der 
Art. 14 und resp. 12 der bayrischen Gemeindeordnungen für die Landestheile 
diess. des Rhs. und resp. für die Pfalz trelen demnach außer Wirksamkeit. 
Ferner ist klar, daß von Bundesangehörigen, welche die Heimat oder das Bürger- 
recht in Bayern erwerben, keine höhere Gebühr als von Inländern erhoben werden 
darf. Einen, wenn auch sehr unbedeutenden Einfluß auf die bayrische Gemeinde- 
umlagengesetzgebung äußert der § 8 des Freizüigkeitsgesetzes, wonach Bundes- 
angehörige, welche nicht über 3 Monate in der Gemeinde sich aufhalten, nicht zu 
den Gemeindelasten beigezogen werden können. 
½#) Ueber die gesetzgebende Gewalt des Königs von Bayern siehe Pözl 1. e. 
§ 160—164; Über die gesetzgebende Gewalt in Preußen siehe Rönne I. B. I. 
Abthlg. § 45—50. 
#%½ Vergl. hiezu Pözl I. c. § 165 und 166; Nönne I. c. 9 51 u. 52. 
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