Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

8 10. Einfluß des Bundesrechtes auf das Landesstaatsrecht. 53 
VII (Eisenbahnwesen), VIII (Post= und Telegraphenwesen) und Art. 54 
(Schifffahrt und Wasserstraßen) der Verfassung zu entnehmen. 
14) Die Finanzgewalt") der Einzelstaaten ist keine aus- 
schließliche mehr, indem der Ertrag der Ein= und Ausgangszölle, dann 
der Rübenzucker-, Salz-, Taback-, Branniwein= und Biersteuer (Art. 38 
der Verf.) sowie der Post= und Telegraphenverwaltung (Art. 49 der 
Verf.) in die Reichskasse""*) fließt, und dem Reiche überdieß das Recht 
zusteht, Neichssteuern einzuführen (Art. 70 der Verf. und Geseß über 
Wechselstempelsteuer vom 10. Juni 1869). 
15) Die Militärgewalts“"“) der Einzelstaaten ist durch die 
Ark. 57—67 der Verfassung fast vollständig an das Neich übertragen 
worden, und bestehen in dieser Hinsicht verfassungsmäßig nur zu 
Gunsten Bayerns und Würktembergs Ausnahmen, welche oben in § 3 
Ziff. VII Nr. 12 und Ziff. VIII Nr. 4 näher dargelegt und in der 
Schlußbestimmung zum IX. Abschnitte der Verfassung besonders aner- 
kannt sind. 
16) Deßgleichen haben die Einzelstaaten wesentliche Vestandtheile 
ihrer Repräsentativgewaltt) an das Reich abgetreten, indem das 
Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse einzu- 
gehen, dann Konsulate außerhalb Deutschlands zu errichten, aus- 
schließend dem Reiche zusteht, indem ferner die Wirlsamkeit der Ge- 
sandten der Einzelstaaten auf die äußere Politik sich nicht mehr erstrecken 
kann, und indem endlich das Recht der Landesregierungen Verträge##) 
zu schließen, durch die dem Reiche zukommende Competenz wesenllich 
beschränkt ist (Art. 11 der Verf.). Das Reich hat verfassungsmäßig 
*) In Bezug auf Bayern s. Pözl I. c. 8 176 ff.; in Bezug auf Preußen 
siehe Rönne I. c. 5 63—72. 
““) Ausnahmen finden slatt in Belreff der Bier= und Branntweinsteuer zu 
Gunsten Bayerns, Würlktembergs und Badens, daun in Belreff der Post= und 
Telegraphenverwaltungserträgnisse zu Gunsten Bayerns und Württembergs 
(Art. 38, letzter Absatz und Art. 52 letzter Absatz der Verf.). 
*½ Vergl. Pözl I. c. 5 182—184; dann Rönne, Staalsr. der prcußischen 
Monarchie Bd. I Abtheilung I S. 456 fl. 85 73 fi. 
1)) Vergl. Pözl I. c. 8 185—188, dann Nönne l. c. § 75—78. 
#)) Ueber das Verhällniß des Vertragsrechtes des Reiches zur Verlrags- 
befugniß der Einzelstaaten s. Nönnc I. c. Bd. I Abth. II § 204.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.