Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

Gesetz, betreffend die Verfassung des deulschen Reichs. Art. 4. 91 
15) Maßregeln der Medizinal= und Veterinärpolizei ; 
16) die Bestimmungen über die Presse und das Vereins- 
wesen?). 
1. Der Artikel 4 hat augenscheinlich den Zweck, einen Gesammt- 
überblick über den Umfang des Gesebgebungsrechtes des Reiches zu geben, 
es finden sich daher in Art. 4 auch Materien aufgezählt, welche, wie 
z. B. die indirekten Stenern, das Post= und Telegraphenwesen, das Mi- 
litärwesen 2c. in späteren Artikeln wiederkehren und näher präcifirt sind. 
Die Aufzählung ist jedoch keine erschöpfende, in dem z. B. der Gesetz- 
gebungsbefugniß des Reiches bezüglich der Reichsbeamten (Art. 18 der 
Verf.), serner in Betreff der Bestimmungen über die Reichstagswahlen (Art. 20 
der Verf.), dann in Betreff des Reichshaushalles und der Reichsanleihen und 
Garanticen in Art. 4 keine Erwähnung geschieht, was sich wohl aus der 
Natur dieser Gegenstände erklärt. — Gegenüber den Bestimmungen des 
Art. 4 der norddeutschen Bundesverfassung hat die Gesetzgebungsbefugniß 
des Reiches eine Erweiterung erfahren, indem die JZiff. 16 auf Grund 
der Verträge neu beigesügt wurde. Sodann wurde in Nr. III 8 1 des 
bayrischen Verkrags zu diesem Artikel die in Ziff. 1 desselben erwähnte 
Ausnahme bezüglich der Heimal= und Niederlassungsverhältnisse gemacht; 
deß gleichen findet sich in Ziff. IV des bayr. Schlußprokokolls ein Vorbe- 
halt hinsichtlich der Gesehgebung über das Versicherungswesen; ferner 
sind hier die Ziff. [I—III des bayr. Schlußprotokolls, welche Constatir= 
ungen enthalten, zu nennen, und endlich gehören in gewisser Hinsicht auch 
die in Betreff der Bier= und Brantweinsteuer zu Gunsten Bayerus, 
Würtlembergs und Badens, in Betreff der Post und Telegraphie zu 
Gunsten der beiden ersterwähnten Staaten, und in Betreff des Eisenbahn= 
wesens zu Gunsten Bayerus vereinbarten Ausnahmen hieher; ef. die Be- 
merkungen zu Art. 35, 46 und 52. In Bezug auf die Erweitcrungen, 
welche der ursprüngliche Entwurf der norddeutschen Bundesverfassung durch 
die Berathungen des konstituirenden Reichstags im Jahre 1867 erfahren 
hat, siehe Hirsemenzel, die Verfassung des norddeutschen Bundes 1 S. 23; 
es fehlten insbesondere in dem ursprünglichen Entwurfe die Worte: Paß- 
wesen und Fremdenpolizei, Herstellung von Land= und Wasserstraßen, 
Flößerei, Obligationsrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren, dann 
Maßregeln der Medizinal= und Veterinärpolizei. 
2. Das Wort „Beaussichtigung“ findet seine Erklärung einerseits 
durch die Bestimmung in Art. 7 Ziff. 3 der Reichsverfassung, wonach 
der Bundesrath über die Beseitigung von Mängeln, welche bei der Aus- 
führung der Reichsgesetze oder Verordnungen hervortreten, zu beschließen 
hat, und andererseits durch Art. 17 der Reichsverfassung, welcher dem 
Kaiser die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze überträgt. 
Geschieht der Vollzug von Reichsgesetzen direkt durch Organe des
	        
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