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Mit Unrecht hat das außerordentliche Kriegsgericht
der Festung Coblenz-Ehrenbreitstein v. 17. August 1914
(StP. 64,15, D. Strafr.-Z2. 1915, S. 179) die Anträge des
Berichterstatters und des Verteidigers auf Zuerkennung
einer Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuch-
ungshaft abgelehnt, weil eine Entscheidung über diese
Anträge in dem BZG. keine Stütze finde.
$ 12. Schluß.
Unsere Darstellung hat gezeigt, inwieweit das deutsche
Staatsrecht die Organe der Reichs- und Staatsgewalt in
Kriegszustande mit außerordentlichen Machtbefugnissen
bekleidet.
Die vollziehende Gewalt geht auf die Militärbefehls-
haber über. Zugleich damit setzt eine Veränderung der
Kompetenzen mit der Folge einer förmlicheu Militär-
diktatur ein. Die Möglichkeit der Einsetzung von Kriegs-
gerichten durchbricht den Grundsatz des GVG, $ 16:
»Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen
werden« Die Strafen des gemeinen Strafrechts sind ver-
schärft; neue deliktische Tatbestände werden geschaffen
und mit Strafe bedroht. Wichtigste Grundrechte des
Volkes können aufgehoben werden und als Folge erscheint
die Freiheit des Militärbefehlshabers, der, obne an die
Mitwirkung der durch die Verfassung berufenen ÖOr-
gane gebunden zu sein, Recht setzen kann. Daß ein
solcher Ausnahmezustand grundsätzlich notwendig ıst,
wurde bereits oben S. 105 betont. Andererseits läßt sich
nicht verkennen, daß das preußische Gesetz über den
Belagerungszustand vielfach unklar ist und auch abgesehen
hiervon durchgreifender sachlicher Verbesserung ent-