Sehen wir nun, daß der Gehorsam gegen die Kirche als
erstes aller kirchlichen Gebote hingestellt, weil der Gehorsam die
nothwendige Voraussetzung der Befolgung der kirchlichen Gebote
überhaupt, also der Vollstreckung des Willens Gottes ist, sehen
wir zweitens, daß der Gehorsam gegen die weltliche Obrigkeit dem
gegen die kirchliche überall an die Seite gesetzt wird, weil die
weltliche Obrigkeit in ihrer Sphäre göttlich berechtigt ist, so ergiebt
sich, daß die Erhaltung des „Gehorsames gegen die weltliche
Obrigkeit, also die Erhaltung der Auctorität derselben das poli-
tische Hauptinteresse der katholischen Kirche ist, das Interesse, dem
sich alle ihre übrigen Interessen, namentlich alle aus der Perfön-
lichkeit und dem Geiste der zeitweise bestehenden weltlichen Obrig-
keit entspringenden, unterordnen müssen. Dieses Interesse der
Erhaltung der Auctorität der weltlichen Obrigkeit wurzelt im in-
nersten Lebenskerne der Kirche selbst, denn mit der weltlichen wird
auch die geistliche Auctorität geschwächtz in ihrer Auctorirät allein
aber liegt die Kraft der Kirche, mit ihr geht ihre Wirksamkeit,
ihre Wirkung auf die Welt verloren. Wer daher an der Aucto-
rität der rechtmäßigen Obrigkeit rüttelt, der rüttelt an den Säulen
der Kirche selbst, der ist nicht ihr treues Glied, ihr Freund, der
ist ihr bitterster Gegner.
II. Anwendung des Drinzipes auf die Bewegungen
der Gegenwart.
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1. Stimme des ESpiscopats.
Diesen hier entwickelten Standpunkt hat die katholische Kirche
auch den in Deutschland und in unserem engeren Vaterlande Preu-
ßen seit dem vorigen Jahre stattgehabten Bewegungen gegenüber
festgehalten. So haben die zu Würzburg versammelt gewesenen