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Als im November v. J. unser König die zur Vereinbarung
der Verfassung berufene National-Versammlung nach Brandenburg
zu verlegen genöthigt war, als darauf ein Theil dieser gesetzlich
vertagten Versammlung es wagte, die Sitzungen fortzusetzen und
jenen bekannten Aufruf zur Steuerverweigerung ergehen ließ, als
versucht wurde, diese Versammlung als eine berechtigte dem Kö-
nige gegenüberzustellen und den Ungehorsam und die Auflehnung
gegen den König als durch ihre Autorität gerechtfertigt, da war
es wiederum die Kirche, welche diese versuchte Täuschung zerstörte,
die Kirche war es, welche durch den Mund eines ihrer Fürsten den
Gehorsam gegen den König als eine christliche und katholische
Pflicht einschärfte. Die Kirche hat bei allen diesen Bewegungen,
bei allen diesen krampfhaften Zuckungen, welche die neuen Gestal-
tungen der beiden letzten Jahre zu Tage brachten und begleiteten,
nur. Eins angestrebt, nur auf Eins ihr Augenmerk gerichtet, dar-
auf, daß die Autorität der weltlichen Obrigkeit ungeschwächt bleibe,
daß das Gebot der Treue gegen Fürst und Vaterland nicht ver-
letzt werde. Wohl hat die Kirche mit Dank gegen Gott es er-
kannt, daß eben diese Bewegungen das Grab, das lang geschlossene,
ihrer Freiheit wieder geöffnet haben, aber, wenn sie freudig ihr lang
verkanntes Recht wieder erfaßte, so hat sie nie verhehlt, daß sie
es nicht als ein auf den Barrikaden erobertes in Anspruch nehme,
daß sie es nicht aus der blutbefleckten und verbrecherischen Hand
der Empörer, nicht als ein Ergebniß und als eine Frucht der statt-
gehabten Auflehnung empfange, sondern nur von denen, die allein
die Quelle des Rechtes, von den Fürsten Deutschlands und daß
sie nur der Obrigkeit, nicht der siegreichen Empörung den Dank
hierfür schulde.
*)i
2. Anwendung auf die Bewegung in Preußen.
Dieser Standpunkt, dieser unverrückbar festgehaltene, muß
auch der unsere sein, weil wir Christen, weil wir Katholiken und