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sehr zahlreichen, dem Monarchen zustehenden Patronats-
rechte wurden fast immer mit sorgsamer Beachtung des
Heiles der Kirche geübt, und dadurch dem Bischofe die
Möglichkeit gegeben, nicht nur Unwürdige und Unfähige
ferne zu halten, sondern auch den Würdigsten an den Ort
zu stellen, auf welchen sein Verdienst und das Interesse
der Kirche ihn berief.“
Auch haben die Zeitungen uns gemeldet, daß der Kaiser den
vakant gewordenen erzbischöflichen Stuhl von Prag wieder besetzt
hat. Der zweite Mangel liegt in dem beschränkenden Zusatze:
„ist aber wie jede Gesellschaft den allgemeinen Staats-
gesetzen unterworfen.“ Diese Gleichstellung mit allen übrigen
Gesellschaften verkennt, daß die Kirche nicht, wie andere Gesell-
schaften, erst durch die staatliche Anerkennung rechtliche Eristenz er-
halten, sondern daß sie war vor dem Staate, und das Recht zu
ihrem Dasein nur Gott verdankt, der sie gegründet, daß ihr also
der Staat das Recht zu fernerem Bestehen nicht nehmen kann,
daß daher bei ihr nicht davon die Rede sein kann, sie unter 87
zu subsumiren, wo es heißt:
„Die Ausübung dieses Rechtes (Vereine zu bil-
den) so wie die Bedingungen, unter welchen
Gesellschaftsrechte erworben, ausgeübt oder
verloren werden, bestimmt das Gesetz.“
Viel gesicherter als in diesen österreichischen „Grundrechten“
ist die Selbstständigkeit der Kirche durch die preußische Verfassung.
Der erste Entwurf derselben, welcher der am 22. Mai 1848 zu-
sammengetretenen preußischen National-Versammlung vorgelegt
wurde, enthielt eine allgemeine Erklärung über die Unabhängigkeit
und Selbstständigkeit der Kirche nicht, sondern hob im § 12 nur
zwei Seitens des Staates der Kirche auferlegte Beschränkungen
auf. Die Hemmung des freien Verkehrs mit den kirchlichen Obe-
ren, welcher schon im Jahre 1841 den katholischen Bischöfen frei
gegeben worden war, und das Placet für kirchliche Verordnungen.
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