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Kirche gegenüber bestehende Verpflichtung sind. Es ist aber der
Richter nicht an diese „Erläuterungen“, sondern an den Wortlaut
des Artikels gebunden, und daher fühlte die Verfassungskommission
der aufgelösten zweiten Kammer das Bedürfniß eines Zusatzes,
welchen sie in den Worten formulirte:
„Die Leistungen, welche bisher zu Gunsten
der vom Staate anerkannten Kirchen-Gesell-
schaften aus Staatsmitteln erfolgt sind, werden
ihnen gewährleistet.“
Auch die katholische Versammlung in Frankfurt a. M. hat
das Bedürfniß eines Zusatzes anerkannt, nur denselben kürzer
formuliren wollen. Die Linke der Kammer, den Vorzug dieser
Bezüge den anerkannten Kirchen mißgönnend und von dem Prin-
zipe ausgehend, daß bei der erfolgten Trennung des Staates von
der Kirche letztere für sich zu sorgen habe, bildete zu diesem Kom-
missions-Antrage ein Amendement in dem Zusatze:
„insofern diese auf einem speciellen Rechts-
titel ruhen.“
Diesen Zusatz suchten katholische Abgeordnete der Linken mit
der gewöhnlichen Perfidie dieser Partei den konservativen katho-
lischen Abgeordneten dadurch annehmbar zu machen, daß sie deren
konfessionelle Eifersucht aufregten, indem sie ihnen darstellten, alle
Leistungen an die katholische Kirche beruhen eben auf speciellem
Rechtstitel, der ganze Zusatz sei nur von den Protestanten zu
Gunsten ihrer Kirche eingebracht, und der radikale Zusatz sei da-
her durch Abwendung dieses Nutzens im katholischen Interesse.
Wir haben dies nur anführen wollen, als einen Beweis, mit
welchen Mitteln die Linke die Gegenpartei zu sprengen versuchte.
Wir unsererseits sind mit dem Kommissionszusatz vollkommen ein-
verstanden, der radikale Zusatz aber würde direkt auch die katho-
lische Kirche treffen, denn die Staatsleistungen an sie beruhen