Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Stimme im Bundesrate abgegeben würde, ohne die übrigen in 
Preußen verantwortlichen Ressortchefs zu fragen, ist nicht denk= 
bar; ja die letzteren würden, wenn nicht direkt, doch jedenfalls 
durch ihre Untergebenen, wie ich das gestern schon angedeutet, 
durch höhere Beamte ihres Ressorts, im Bundesrate vertreten 
sein, und würden auf die Formulierung des preußischen Votums 
durch diese ihre Organe ihren Einfluß üben können. Nur könnte 
ich mir als auswärtiger Minister nicht gefallen lassen, daß nun 
diese mit dem Bundeskanzler zusammensitzenden Vertreter der 
übrigen Ressortchefs oder — auf diesen Unterschied kommt es 
mir nicht an — außerhalb des Bundesrats sich befindenden Ver= 
treter der Ressortchefs auch mit dem Rechte einer verantwort= 
lichen Kontrasignatur ausgestattet würden und dem Bundes= 
kanzler sagen könnten: diesem Votum stimmen wir nicht bei, 
denn es ist mit unserer persönlichen Verantwortlichkeit nicht verträg= 
lich! Die Austragung des Streites über solche Fragen muß 
innerhalb des preußischen Ministeriums, wie es jetzt da ist, und 
muß außerhalb der Enceinte des Bundesrats stattfinden. Daß 
daraus folge, daß in Preußen oder in jedem Bundesstaate die 
gesetzliche Giltigkeit der Bundesgesetze noch einer besonderen Zu= 
stimmung bedürfe, das kann ich nicht zugeben; sie werden nach 
der Art, wie sie in dem Bundesrat zustande kommen, getragen 
sein von der Verantwortung, die das preußische Ministerium dem 
preußischen Lande gegenüber hat; denn es ist, wie gesagt, un= 
denkbar, daß das Verhalten des Bundeskanzlers dauernd und in 
wichtigen Fragen des Einverständnisses des preußischen Mini= 
steriums entbehren könnte. Dies wäre nur denkbar in dem 
Falle, daß Preußen in der Minorität geblieben wäre, daß Preußen 
in dieser Minorität des Bundesrates sich befindend, auch vor dem 
Reichstag seine Ansicht vergebens verteidigt hätte und auch im 
Reichstag in der Minorität geblieben wäre; dann tritt allerdings 
möglicherweise ein Bundesgesetz in Kraft, für welches das 
preußische Ministerium nicht geneigt gewesen ist die Verant= 
wortung zu übernehmen, und gegen welches es deshalb votiert 
hat; es würde aber dann von dieser Verantwortung gewisser=
	        
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