Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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maßen losgesprochen sein durch diese preußischen Reichstags= 
abgeordneten, die ihrerseits die Majorität für das Gesetz her= 
gestellt hätten, trotz des Widerspruchs der preußischen Regierung. 
Jedenfalls aber bliebe dann dem preußischen Ministerium übrig: 
wenn es sich nicht fügen will, durch das Präsidium eine Auf= 
lösung des Reichstags zu extrahieren. 
Ich glaube, das ist ein ganz regelmäßiges Spiel konstitu= 
tioneller Einrichtungen, und die Verantwortlichkeit für irgend etwas, 
was innerhalb des Bundes zu geschehen hat, wird gegen das, 
was jetzt davon vorhanden ist, in keiner Weise vermindert. 
Dasselbe Raisonnement läßt sich auch auf die Ministerien 
der übrigen Bundesstaaten anwenden, nur mit dem Unterschiede, 
daß sie nicht dieselbe erhebliche Stimmenzahl, dieselbe Majorität 
von engeren Landsleuten in dem Reichstag haben, die ihnen die 
Chancen gibt, gerade ihre Meinung durchzubringen. 
Dadurch aber haben die verbündeten Regierungen meines 
Erachtens schon diejenigen Opfer gebracht, welche man regel= 
mäßigerweise von ihnen fordern darf, weil ein größeres für den 
zu erreichenden Zweck nicht notwendig ist. Ich glaube, ich habe das 
Bedenken schon widerlegt, daß keine Verantwortung des Bundes= 
Präsidiums stattfinden würde; meine Bedenken liegen nicht in 
der Richtung. Sie richten sich dagegen, daß ich es nicht accep= 
tieren kann, die Zahl derjenigen Kollegen, — denn solche würden 
es für mich werden, — mit denen ich die Verantwortung zu 
teilen hätte, zu vermehren und dadurch die Arbeit zu vermehren, 
die in der Tat nicht klein ist, wenn es sich darum handelt, zwischen 
acht Ministern, die ehrlich an ihrer Überzeugung  hängen, eine Über= 
einstimmung herzustellen. Sollte ich noch mit anderen zur 
Kontrasignatur berechtigten Beamten eines anderen Ministeriums 
die Verantwortung teilen, so würde mir das zuviel.“ 
Im Jahre 1869 fand darauf der Abgeordnete Graf zu 
Münster, die Norddeutsche Bundesverfassung habe einen Mecha= 
nismus geschaffen, so kompliziert, daß er unmöglich bestehen könne²⁴). 
²⁴) efr. „Münchener Neueste Nachr.“ v. 15. April 1895.
	        
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