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schärfer gedacht ist, vorgeht. Wie kann von dem Finanzminister
verlangt werden, daß er Forstmann sei, daß er Domänen und
Landwirtschaft unter sich verwalte; wie soll der Handelsminister
alle technischen Einzelheiten seiner riesenhaften Verwaltung so
kennen, daß er die Richtigkeit jedes Urteils und jeder Handlung,
die unter seiner Verantwortung vorgeht, verbürgen könnte? Da
hilft nichts als Vertrauen auf diejenigen Personen, die das
einzelne verstehen und für deren Handlungen und deren An=
stellung der Minister verantwortlich bleibt.
Erleichtern würden Sie mir das Geschäft durch ein Kollegium
nicht, und Sie haben in mir keinen Bundeskanzler, der einen
Kollegen annimmt. Ich stütze mich auf mein verfassungsmäßiges
Recht. Wie das Bundeskanzleramt ausgestattet ist, so habe ich
es übernommen, — ein Kollege würde an demselben Tage, wo
er es wird, mein Nachfolger werden müssen.“
Das Jahr 1884 gab Bismarck Gelegenheit, im Reichstag
über seine Stellung zum Bundesrate sich zu äußern. Bei der
Debatte über den Antrag der Abgeordneten Barth und Dirichlet,
den Reichskanzler zu ersuchen, er möchte beim Bundesrat bean=
tragen, die in dem Gesetz über die Besteuerung des Tabaks fest=
gesetzten Ausfuhrvergütungssätze nunmehr in vollem Umfange
zur Einführung zu bringen, kam am 26. März 1884 eine staats=
rechtliche Frage zur Sprache. Zunächst sprach Fürst Bismarck
gegen den Inhalt des Antrages, in welchem die Voraussetzung
ausgesprochen sei, daß der Bundesrat aus eignem Antrieb nicht
schnell genug die ihm gesetzlich obliegende Aufgabe erfüllte,
während derselbe unausgesetzt beschäftigt gewesen sei, seinen letzten
Beschluß hierüber im Dezember gefaßt habe, infolgedessen eine
Erhöhung der Ausfuhrvergütung eingetreten sei, und der nächste
Beschluß, der den Übergang in den künftigen Normalzustand der
vollen Ausfuhrvergütung herbeiführen werde, in kurzem bevor=
stehe. Es habe also der Anregung der Antragsteller nicht be=
durft, um den Bundesrat an die rechtzeitige Pflichterfüllung zu
erinnern, daher er eine Ungerechtigkeit begehen würde, wenn er
als Vorsitzender des Bundesrates einen solchen Antrag an den=