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Vier Monate darauf, am 15. August 1867, trat der Bundes=
rat zu seiner ersten Session zusammen. Er umfaßte zwei=
unddreißig Bevollmächtigte, die 43 Stimmen repräsentierten, von
denen 17 auf Preußen entfielen.
Bei Entstehung des Deutschen Reiches sind die 43 Stimmen
durch den Zutritt der süddeutschen Staaten auf 58 Stimmen
angewachsen.
In der Reichstagssitzung vom 19. April 1871, also ummittel=
bar nach der Wiederaufrichtung des Reiches, hatte Fürst Bismarck
Gelegenheit, sich wiederum über den Bundesrat zu äußern. Von
konservativer Seite war im Laufe der Beratung über die Diäten=
frage als notwendiges Gegengewicht gegenüber der Macht des
allgemeinen Wahlrechts die Errichtung einer ersten Kammer,
eines Staatenhauses, neben dem Reichstage vorgeschlagen worden.
Fürst Bismarck äußerte hierzu: „Ich muß zu meinem Be=
dauern sagen, die politische Erfahrung hat mich überzeugt, daß
solche Versammlungen den Zweck, ein Gegengewicht und einen
Schutz zu gewähren, gegen die Gefahren, die das allgemeine
Stimmrecht in seiner vollsten Ausbeutung in sich bergen kann,
nicht erfüllen können. Ich gehöre ja selbst einer solchen Ver=
sammlung, dem preußischen Herrenhause, an, und Sie werden
deshalb nicht von mir verlangen, daß ich contra domum spreche;
aber ich habe keinen Glauben an die Stärke dieses Gegen=
gewichts in den jetzigen Zeiten; wenn eine frisch durch Wahlen
anerkannte, den Anspruch einer Vertretung des gesamten Volkes
in sich tragende Versammlung das Gegenteil votiert, dann brauche
ich ein schwereres Gegengewicht.
Das haben wir im Bundesrate. Ich weiß nicht, was
die Herren bewegt, den Bundesrat in den gesetzgebenden Ge=
walten nicht mitzuzählen. Die Verfassung weist ihm die volle
Gleichberechtigung an, und wenn ich sage, er wiegt schwerer als
ein gewöhnliches erstes Haus, so ist er das, weil er zugleich ein
Staatenhaus im vollsten Sinne des Wortes ist; in viel be=
rechtigterem Sinne, als was man gewöhnlich Staatenhaus
nennt, was z. B. in der Erfurter Verfassung Staatenhaus ge=