Full text: Bismarcks Staatsrecht.

in einer anderen Weise, und die zollen Sie ihm auch, und die 
Bevölkerung zollt sie ihm. Ich halte deshalb jede Neuerung 
in unseren Institutionen, durch welche dieser meines Erachtens 
sehr glücklich gefundene Senat — Staatenhaus, erstes Haus — 
des Deutschen Reiches in seiner Bedeutung abgeschwächt, ge= 
wissermaßen mediatisiert wird, für eine sehr bedenkliche Änderung 
in der Verfassung. Ich glaube, daß der Bundesrat eine große 
Zukunft hat, indem er zum ersten Male den Versuch macht, 
ohne die Wohltaten der monarchischen Gewalt oder der einheit= 
lichen Obrigkeit dem Einzelstaat zu nehmen, als höchste Spitze 
ein föderatives Kollegium hinzustellen, um die Souveränität des 
gesamten Reiches zu üben; denn die Souveränität ruht nicht 
beim Kaiser, sie ruht bei der Gesamtheit der Regierungen. 
Es ist das zugleich nützlich, indem die — nennen Sie es 
Weisheit oder Unweisheit — von fünfundzwanzig Regierungen 
unvermittelt in diese Beratungen hineingetragen — eine 
Mannigfaltigkeit von Anschauungen bietet, wie wir sie im 
Einzelstaate niemals gehabt haben. Wir haben, so groß Preußen 
ist, von den kleineren und kleinsten Mitgliedern doch manches 
lernen können; sie haben umgekehrt von uns gelernt. Es sind 
fünfundzwanzig Ministerien oder Obrigkeiten, von denen jede 
unverkümmert in ihrer Sphäre die Intelligenz, die Weisheit, die 
dort quillt, an sich saugt und im Bundesrat selbständig von sich 
zu geben, berechtigt ist, ohne irgend eine Beschränkung; während 
der Einzelstaat sehr viele Hemmnisse hat, die die Quellen auch 
da, wo sie fließen möchten, stopfen. Kurz, ich kann Ihnen aus 
meiner Erfahrung sagen, daß ich glaube, in meiner politischen 
Bildung durch die Teilnahme an den Sitzungen des Bundes= 
rats, durch die belebende Reibung der fünfundzwanzig deutschen 
Zentren aneinander, erhebliche Fortschritte gemacht und zu= 
gelernt zu haben. Deswegen möchte ich Sie bitten, tasten Sie 
nicht an dem Bundesrate! Ich sehe grade in dieser Gestaltung 
eine Art von Palladium für unsere Zukunft, eine große Bürg= 
schaft für die Zukunft Deutschlands!“ 
Bei Gelegenheit der im Jahre 1896 erfolgten Überstimmung 
Bismarcks Staatsrecht. 8
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.