114
Preußens im Bundesrat in betreff der Verlängerung des Privi=
legiums der württembergischen Notenbank entstand in der Presse
die Vermutung, ob nicht am Ende eine unnatürliche Koalition,
eine Art Rheinbund der Mittelstaaten gegen Preußen bevorstehe.
Daß es so weit kommen konnte, erklärte man damit, daß die
Faust fehle, wie zu Bismarcks Amtszeiten. Das war kein glück=
liches Bild und eine vollständige Verkennung des Verhältnisses,
das sich zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Bundesrat
von 1867 bis 1890 etabliert hatte. Der Bundesrat, als die
Vertretung der Mitglieder des Bundesreiches und der Repräsen=
tanten der Inhaber der Bundesgewalt hat die Faust Bismarcks
niemals zu fühlen bekommen; entsprach es doch dem System des
Kanzlers, überall da, wo keine vitalen Fragen vorhanden waren,
die Stellung der Bundesregierungen möglichst selbständig zu ge=
stalten. Durch seine Schonung der im Bundesrat zusammen=
laufenden partikularistischen Interessen, ist es dem Fürsten Bis=
marck im Laufe der Zeiten gelungen, die Bundesregierungen für
die nationale Sache weit geneigter zu machen, als den Reichstag.
Eine Schranke für seine föderalistische Politik setzte sich Bismarck
nur dann, wenn es sich um Interessen des Reiches handelte,
und die durch seine Einheit, seine Dauer und seinen Vorteil wirk=
lich bedingt war, wie beispielsweise bei dem Zollanschluß Ham=
burgs. Dem Föderalismus sein volles Recht, dem Reichs=
gedanken aber das Vorrecht. Das war die Politik Bis=
marcks, die ihm auch im Bundesrat zum Siege verhalf.
Einen ungewöhnlichen Verlauf nahm die Session 1879—1880.
Bismarck sah sich genötigt, gegen eine im Bundesrate auftretende
Disziplinlosigkeit vorzugehen.
In der Bundesratssitzung vom 3. April 1880 wurde über
die Quittungssteuer beraten und eine Reihe von Quittungen,
besonders über amtliche Geschäfte, als steuerfrei bezeichnet. Der
Vertreter des Reichsschatzamtes, Hofmann, erklärte sich gegen die
vielen Befreiungen und sprach besonders für die Anwendung der
Quittungssteuer auf die Postanweisungen, während der Kommissar
des Reichspostamtes, Oberpostrat Fischer, aus technischen Gründen