Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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12. April der bayrische Gesandte in Berlin und Bundesbevoll= 
mächtigte v. Rudhardt, das Quittungssteuergesetz, über dessen 
Bedeutung nicht alle Regierungen gehörig instruiert gewesen 
seien, einer nochmaligen Beratung zu unterwerfen. Darauf 
wurde beschlossen, daß Quittungen für Postanweisungen und 
Postvorschußsendungen zu versteuern seien. In der Bundes= 
ratssitzung vom 14. April lag ein Antrag Preußens auf Re= 
vision der Geschäftsordnung vor. Derselbe wollte den Ministern 
der Bundesstaaten die persönliche Teilnahme an den Bundes= 
ratssitzungen dadurch möglich machen, daß die Geschäfte des 
Bundesrats in zwei Klassen geteilt würden, von welchen die 
erstere die wichtigeren Aufgaben, namentlich alle gesetzlichen Ar= 
beiten zu umfassen hätte, während der zweiten die minder wich= 
tigen und die laufenden Verwaltungsgeschäfte des Bundesrats 
anheimfallen würden. Für den ersten Teil der Arbeiten sollte 
die Beteiligung der Minister erforderlich sein. Der zweite Teil 
des Antrages war gegen die Substitutionen gerichtet, deren ver= 
fassungsmäßige Berechtigung geleugnet wurde. Für ganz unzu= 
lässig wurde es erklärt, daß an den Sitzungen Beamte teil= 
nähmen, welche dazu gar keine landesherrliche Legitimation hätten. 
Kaum war dieser Konflikt, welchen der Reichskanzler nur 
durch den Schritt der Einreichung eines Entlassungsgesuches be= 
seitigen zu können glaubte, erledigt, so erhob sich durch das Vor= 
gehen des Reichstags ein anderer. 
Preußen hatte am 22. April 1880 dem Bundesrat einen Ge= 
setzentwurf vorgelegt, worin die Einverleibung der Stadt Altona 
und eines Teils der hamburger Vorstadt St. Pauli in das Zoll= 
gebiet beantragt war. Der Abgeordnete Dr. Lasker brachte dar= 
aufhin am 6. Mai im Reichstag den von Mitgliedern der Fort= 
schrittspartei und des linken Flügels der Nationalliberalen unter= 
stützten Antrag ein, der Reichstag solle erklären, daß der Artikel 34 
der Reichsverfassung den Anschluß eines Teiles der Vorstadt 
St. Pauli an den Zollverein ohne Zustimmung der Stadt Ham= 
burg durch einseitigen Beschluß des Bundesrats nicht gestatte. 
Dieser Antrag, welcher einen heftigen Konflikt zwischen der Reichs=
	        
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