Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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schreiten der Zollgrenze zu Lande, die Bedenken des Abgeordneten 
inaktiven Staatsministers Dr. Delbrück. Dadurch würde es 
möglich, äußerte dieser, den gesamten nach Hamburg gehenden 
Verkehr auf der Elbe durch Verlegung der Zollgrenze unterhalb 
Hamburgs der Verzollung zu unterwerfen. Auf seinen Antrag 
wurde die Vorlage an eine Kommission verwiesen, und in dieser 
setzte er den Beschluß durch, dem Reichstag vorzuschlagen, er 
möge die verfassungsmäßige Genehmigung nur mit dem Vor= 
behalt erteilen, daß die zur Zeit auf der Elbe bestehende Zoll= 
grenze nur durch Gesetz an eine unterhalb dieser Grenze ge= 
legene Stelle verlegt werden könne. Fürst Bismarck erklärte den 
Delbrückschen Antrag für eine Überschreitung der dem Reichstag 
durch die Verfassung beigelegten Befugnis, für eine Art Pression, 
die auf die Regierung ausgeübt werden solle, der sich aber diese 
in keinem Falle fügen werde. In dem Zollvereinsgesetz von 1869 
werde wiederholt bestätigt, daß die Zolllinien zusammenfallen 
sollen mit den Landesgrenzen. Das Recht des Bundesrates, 
die Zollgrenze zu bestimmen, die Elbe mit neueren Zolllinien zu 
durchschneiden, sei noch nie bezweifelt worden. „Se. Majestät 
der Kaiser kann unmöglich gesonnen sein, dieses Recht des 
Bundesrates in Zweifel zu ziehen. Wird die Vorlage mit dem 
Vorbehalte der Kommission angenommen, so muß ich namens 
Sr. Majestät erklären, daß die Genehmigung versagt ist, und die 
Sache ist dann damit abgetan. Wir werden das Weitere zu 
tragen haben, was daraus erfolgt, aber dem Rechte des Bundes= 
rates, wie es für mich verfassungsmäßig feststeht, nichts ver= 
geben.“ 
Im zweiten Teile seiner Rede sprach der Fürst von der 
Wandlung des Rechtsgefühls, die in allen Behörden Platz ge= 
griffen habe, seit die Begeisterung für das neue Reich etwas 
matter geworden sei, und fuhr dann fort: „Ja, matter geworden! 
Ich bin an dem Punkt, wo man das am meisten fühlt. Der 
Parlamentarismus ist gewachsen, der Kampf der Parteien ist 
gewachsen, ohne Rücksicht auf die Haltbarkeit des Verfassungs= 
bodens. Entweder hält man die Sache für unzerstörbar, oder
	        
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