121
man macht sich nichts daraus. Wenn ich nun gefragt werde,
warum ich mich an der Debatte heute unter den Schwierig=
keiten, unter denen ich leide, beteilige, so kann ich darauf nur er=
widern, daß es mir Bedürfnis gewesen ist, doch noch einmal von
dieser Stelle die Perspektive auf den Reichstag zu haben und zu
ihm zu reden, noch einmal von hier aus Zeugnis abzulegen für
die nationalen Bestrebungen und gegen den Partikularismus.
Und wenn ich vielleicht nicht in der Lage sein werde, das Zeugnis
von dieser Stelle aus zu wiederholen, so glaube ich doch, wenn
Gott mir Leben gibt, von der Stelle aus, wo Sie sitzen, die
großen Gedanken zu vertreten, welche Sie vor zehn Jahren bei=
nahe alle begeisterten, gegen einen Partikularismus, der dann
von hier aus vertreten würde. Wenn ich meinen tätigsten
und bedeutendsten Minister heute Arm in Arm mit dem
Zentrum und den Partikularisten sehe, so habe ich das Gefühl,
daß die rückläufige Bewegung gegen die ehemalige Begeisterung
schon außerordentlich weit vorgeschritten ist. Ich kann sie nicht
aufhalten, aber ich muß meine Stimme als Warner von hier
aus erheben, wo ich sicher bin, daß ich gehört werde. Ich weiß
nicht, ob der Baum der deutschen Verfassung fest genug ge=
wurzelt ist, um zur Unterlage derjenigen Parteikämpfe zu dienen,
welche heute ausgefochten werden sollen. Es ist das erstemal,
daß wir uns vor einer Verfassungsfrage zwischen Bundesrat
und Reichstag befinden, wo der letztere im Begriff ist, dem
Bundesrat ein Recht zu bestreiten, welches ganz zweifellos fest=
steht und für welches die preußische Regierung auf jede Gefahr
hin einzutreten entschlossen ist. Es ist das erstemal, daß im
Bundesrat der Antrag vorliegt, Verfassungsstreitigkeiten durch
Majoritätsbeschlüsse zu entscheiden. Ich will mich hier zu einer
Konstellation wenden, die uns, ich meine den Vertretern der
Reichspolitik, in dieser Session hier entgegengetreten ist. Unser
Hauptgegner ist die Partei des Zentrums. Das Zentrum hat
seit sechs Monaten in allen Fragen des Landtags und des
Reichstags mit wenig Diskussion und Argumenten, geschlossen
gegen die Regierung gestimmt; das ist ein Gegner, so mächtig,