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In der Sitzung des Reichstages des Norddeutschen Bundes
vom 5. Dezember 1870 erklärte der Präsident des Reichskanzler=
amts Dr. Delbrück:
„Je weiter sich der Bund ausdehnt, und je mehr größere
Staaten ihm beitreten, desto mehr tritt das sachliche Bedürfnis
hervor, daß nicht bloß, wie es bisher vielfach geschehen ist, durch
gelegentliche Mitteilung an die Gesandten und an die im Bundes=
rat versammelten Vertreter der Bundesregierungen, sondern in
einem formell geregelten Wege Mitteilungen über den Gang der
politischen Lage gemacht werden. . . Der Ausschuß wird Kenntnis
von der Lage der Dinge nehmen und wird in der Lage sein,
durch diese Kenntnis, durch Anträge, die er an den Bundesrat
stellt, durch Bemerkungen, die er dem Präsidenten macht, auf
die Verhandlung der Politik einen Einfluß zu üben.“
Mündliche Eröffnungen an den Ausschuß bilden nicht den
einzigen Weg zur Information der Bundesfürsten und Regierungen
über auswärtige Angelegenheiten²⁷). Der badische Minister v. Brauer
teilte am 7. Januar 1898 der Kammer mit, daß schon in den
siebziger Jahren Fürst Bismarck und der Vater des jetzigen
Reichskanzlers, Grafen v. Bülow, die Einrichtung getroffen hatten,
wichtige politische Aktenstücke, wie Berichte der Gesandtschaften,
den Regierungen abschriftlich mitzuteilen. Darin liege eine bessere
Information als sie gelegentlich dem Bundesratsausschuß gegeben
werden könne. Man gewinne aus den Urkunden ein unmittel=
bares Bild von den Vorgängen. Auch erhalte auf diese Weise
die Regierung des Einzelstaates Gelegenheit, durch Rückfragen
in Berlin sich weitere Aufklärung zu verschaffen, die jederzeit
bereitwillig und entgegenkommend gegeben worden sei. Man
könne also sagen, die Bundesregierungen seien stets rechtzeitig
über den Gang der auswärtigen Politik genau orientiert worden,
hätten sich auch nicht gescheut, ihren eigenen Standpunkt zu ver=
treten, und es bestehe kein Bedürfnis, den Ausschuß für aus=
wärtige Angelegenheiten hierwegen zusammentreten zu lassen!
²⁷) efr. „Voss. Ztg.“ vom 12. Juli 1900.