Full text: Bismarcks Staatsrecht.

143 
Versuchungen hinweg hebt, um keinen Preis verloren geben, und 
möchte lieber die Übelstände einer gehemmten und genierten 
Regierung noch länger tragen, als unbesonnen in diese Schwierig= 
keiten hineinschneiden. Aber gerade, weil wir sie nicht beliebig 
beseitigen können, so bedürfen wir aller Mittel, die geeignet sind, 
eine strenge Disziplin festzuhalten, und scheuen vor allem, 
was geeignet ist, sie zu lockern. Ich kann nicht behaupten, daß 
es im Lande einen günstigen Eindruck macht, ich kann kaum daran 
zweifeln, daß es das unbehagliche und berechtigte Gefühl, daß 
etwas krank sein müsse im Staate, hervorruft, wenn man erlebt, 
daß in der Öffentlichkeit ein Beamter seinem höchsten Chef 
entgegentritt und ihm gegenüber und in Bezug auf ihn öffentlich 
eine Sprache führt, die derselbe Beamte unzweifelhaft zu wohl= 
erzogen ist, um sie zu Hause seinem Kanzleidiener gegenüber zu 
führen. Das kann ich nicht als eine nützliche Einrichtung an= 
sehen. Ich gebe gern zu, daß dieses Bedenken sich schon heben 
würde, wenn nicht die Klausel des Zwangsurlaubs in der Ver= 
fassung stünde, daß eine Regierung durch die Verfassung ge= 
zwungen ist, demjenigen Beamten, von dem sie voraussetzt, er 
wird sie mit Heftigkeit angreifen, hierzu ausdrücklich den Urlaub 
zu bewilligen. Ich bin als Minister sehr bereit, mir die stärksten 
Vorstellungen von einem Beamten, der von seinem Pflichtgefühl 
geleitet wird, in einem Schriftstück gefallen zu lassen, aber ich 
würde es schwer ertragen, Minister zu bleiben, wenn ich genötigt 
wäre, in meinem Ressort einen Beamten fortdauernd zu be= 
schäftigen, der mir öffentlich diejenige Achtung versagt, auf die 
ich in meiner Stellung Anspruch mache. 
Wenn sich in diesen Übelständen eine Abhilfe nicht vollständig 
schaffen läßt, so würden die verbündeten Regierungen für jede 
partielle Abhilfe, die hier durch Reichstagsbeschluß gewährt würde, 
immer noch dankbar sein. In dieser Richtung würde z. B. das 
Amendement, welches auf die geistlichen und richterlichen Beamten 
den Ausschluß beschränkt, wic ich glaube, sämtlichen verbündeten 
Regierungen annehmbar sein. 
Wie mir vorschwebt, existiert derselbe Ausschluß der richter=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.