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3. Ausschließung aus dem Reichstag auf eine bestimmte
Zeitdauer. Diese kann bis zum Ende der Legislatur=
periode erstreckt werden. Mit einer Ausschließung, welche
sich auf die Dauer der Legislaturperiode erstreckt, kann
der Verlust der Wählbarkeit zum Reichstag verbunden
werden. Der Verlust der Wählbarkeit kann selbständig
ausgesprochen werden, wenn das Mitglied dem Reichstag
nicht mehr angehört.
Der Reichstag hielt jedoch derartige Vorschläge für unan=
nehmbar. Insbesondere die Ausschließung aus dem Parlament
wurde von allen Seiten zurückgewiesen.
Im Jahre 1894 führte Fürst Bismarck in den „Hamb.
Nachr.“ über die Eventualität des Ausschlusses von Reichstags=
mitgliedern aus dem Reichstage das Nachstehende aus: „Nach
Art. 27 der Verfassung prüft der Reichstag die Legitimation
seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Eine juristische Frage
ist es, ob diese Disziplin des Reichstages die Möglichkeit der
Exkludierung einzelner Mitglieder des Hauses in sich schließt,
wenn die Legitimation, die ihrer Zulassung zu Grunde lag, nicht
mehr besteht, sondern durch ihr Verhalten verwirkt ist, ähnlich
wie das Mandat bei Verurteilung wegen gemeiner Verbrechen
erlischt.
Ganz unabhängig von dieser Rechtsfrage würde ein Votum
des Reichstages auf Ausschließung jedenfalls Gesetzkraft erlangen,
wenn ihm der Bundesrat beistimmte. Nach Art. 5 der Reichs=
verfassung läge dann die Übereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse
beider Versammlungen vor, wie sie zu Akten der Gesetzgebung
erforderlich und ausreichend ist³⁵). Eine solche Übereinstimmung
wird niemals erreichbar sein, wenn es sich um frivole Gründe
handelt und um einen Mißbrauch der Majorität. Die Möglich=
keit, daß der Reichstag für seine nationale Reinlichkeit Sorge
³⁵) Art. 5 der „R. V.“ beginnt: „Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt
durch den Bundesrat und den Reichstag. Die Übereinstimmung der Mehr=
heitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und
ausreichend.“