Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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trägt, ist immer vorhanden, wenn auch auf dem Wege, den die 
englische Verfassung als „Bill of Attainder“ ³⁶) bezeichnet. Eine 
verfassungsmäßig hergestellte „Bill of Attainder“ hat unter allen 
Umständen Gesetzeskraft in dem Lande, in dem sie zu stande 
kommt, und sie wird nur zu stande kommen, wenn ihre Not= 
wendigkeit die Stütze der nationalen Überzeugung findet, und 
wenn sie den Zweck hat, internationale Beleidigungen vom 
deutschen Reichstage abzuwehren.“ 
Unter der Überschrift: „Schutz der Reichsverfassung“ ver= 
öffentlichten die „Hamburger Nachrichten“ des weiteren zur 
Sache einen ersichtlich von dem Fürsten Bismarck persönlich her= 
rührenden Aufsatz ³⁷). Dieser knüpfte an das kürzliche Eingeständnis 
der sozialdemokratischen Abgeordneten Bebel und Singer im 
Reichstage an, daß sie als Abgeordnete Diäten bezögen, und 
führt dann aus, dadurch werde der Art. 32 der Reichsverfassung 
verletzt, der das Beziehen jedweder Entschädigung untersage³⁸). 
Diese Bestimmung habe bei Herstellung der Verfassung den 
Gegenwert für das allgemeine und geheime Wahlrecht gebildet. 
Wörtlich heißt es dann weiter: „Wenn dieses Äquivalent reichs= 
tagsseitig nicht zugegeben wird, so wird man eben auf die 
Unterlagen des damaligen Kompromisses wieder zurückgreifen 
müssen. Es ist die Frage, ob ein Reichstag, der sich der Ver= 
fassung nicht konformiert, berechtigt ist, die Reichstagsfunktionen 
auszuüben, und ob nicht die verbündeten Regierungen in der 
Lage sind, den geschäftlichen Verkehr mit einem Reichstage, der 
sich seinerseits den verfassungsmäßigen Verpflichtungen nicht fügt, 
abzulehnen. Die nächste Aufgabe der Regierungen in dieser 
Richtung würde sein, sich die Gewißheit zu verschaffen, welche 
Mitglieder des Reichstages in Widerspruch mit Art. 32 der Ver= 
fassung Diäten beziehen und dadurch ihr Anrecht auf Teilnahme 
am Reichstage verlieren. Da die Ausführung des Art. 32 nach 
³⁶) etwa Beschimpfungs=Bill. 
³⁷) Am 23. Februar 1898. 
³⁸) efr. Art. 32 der „R. V.“: „Die Mitglieder des Reichstages dürfen 
als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen.“ 
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