Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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der Verfassung dem Reichstage und seinem Präsidium obliegt 
und da die Verfassung zu den Reichsgesetzen gehört, über deren 
Ausführung nach Art. 17 dem Kaiser die Überwachung zusteht³⁹), 
so kann man sich also fragen, ob es nicht angezeigt wäre, daß 
der Kaiser unter Bezugnahme auf Art. 17 der Verfassung eine 
Botschaft an den Reichstag richtete, in der dieser zu strikter Aus= 
führung des Art. 32 an seinem Teile aufgefordert würde.“ 
Über den Fall, daß der Reichstag, einmal seine Dienste 
versagt, sprach sich Bismarck im Januar 1886 aus. Er sagte 
im preußischen Abgeordnetenhause: „Der Punkt ist der, daß, 
wenn der Reichstag die Erwartungen nicht erfüllt, die Deutsch= 
land von ihm hegt, die verbündeten Regierungen ihrerseits sehen 
müssen, wie sie sich helfen können, ohne der Verfassung und dem 
Reichstage Gewalt anzutun. Das nächstliegende Mittel ist, daß 
sie sich ihren eigenen Landtagen wieder mehr nähern, die Be= 
ziehungen zu ihnen pflegen und stärken, und sich von den ver= 
geblichen Bemühungen, beim Reichstage irgend etwas im Inter= 
esse des Reichs zu erreichen, ausruhen. Wir haben keine 
Verpflichtung, uns im Reichstage vertreten zu lassen; von der 
Berechtigung, die wir dazu haben, würden wir dann vielleicht 
einen spärlicheren Gebrauch machen, als bisher, und ich würde 
öfter die Freude haben, in diesen Räumen Sie wieder zu 
sehen.“ Fürst Bismarck führte weiter aus, wie er etwa gegen 
die Obstruktionspolitik des Reichstages sich behelfen könne. 
Die preußische Regierung würde z. B. beim Scheitern des 
Branntwein=Monopols, das nicht einmal die Auflösung des 
Reichstages veranlassen würde, im Landtag die Einführung einer 
hohen „Licenzsteuer“ beantragen, welche die Wirte dann auf die 
Konsumenten abzuwälzen haben würden. 
Zur Auflösung des Reichstages, während der Legislatur= 
periode ist ein Beschluß des Bundesrates unter Zustimmung des 
  
³⁹) Art. 17 der „R. V.“ beginnt: „Dem Kaiser steht die Ausfertigung 
und Verkündigung der Reichsgesetze und die Überwachung der Ausführung der= 
selben zu . . .“ effr. hierzu noch Art. 2 und Art. 36 Abs. 2, Art. 50, Art. 56 
Abs. 1, Art. 63.
	        
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