Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Zustimmung zu dieser finanziellen Abmachung in Anspruch. 
Dasselbe wurde von der Regierung zugegeben und die Sache in 
der Form erledigt, daß in dem Etat die Bezugnahme auf die 
(sonst stillschweigend genehmigten) Verträge gestrichen und die 
Nachlässe nur für je ein Jahr genehmigt wurden. 
Im Jahre 1869 wurde gerügt, der Bundeskanzler habe im 
vorangegangenen Jahre versucht, nicht budgetgemäßig bewilligte 
Matrikularbeiträge zu erheben; im Sommer 1868, im ersten 
Jahre des Bestehens des Bundes, als dessen Anstalten noch aller 
Betriebsmittel außer den von Preußen entlehnten und an dieses 
allmählich zurückzuerstattenden, entbehrte, war namentlich infolge 
unvorhergesehener Einnahmeausfälle vorübergehend die Sorge 
entstanden, die Bundeskasse könne plötzlich einer Insufficienz (Über= 
schuldung) gegenüber stehen, und es war deshalb in Aussicht ge= 
nommen, von den einzelnen Bundesstaaten Zuschüsse nach dem Maß= 
stab der Matrikularbeiträge vorschußweise einzuziehen. Der Vor= 
schlag blieb, da eine außerordentliche Aushilfe nicht nötig war, im 
Bundesrat unerledigt, und der Reichstag hat über die im Gebiet 
der Theorie verbliebene Frage keinen Beschluß gefaßt. Man 
wird aber nicht daran zweifeln können, daß er ein Recht, weitere 
als die budgetmäßig bewilligten Matrikularbeiträge zu erheben 
oder eine Pflicht, sie zu leisten, nicht zugibt, so wenig wie anderer= 
seits aus dem mitgeteilten Vorgang eine auf Verletzung 
des Art. 70 der Verfassung⁴⁴) gerichtete Absicht des Kanzlers 
wird gefolgert werden können. — Als gegen die Mitte der sieb= 
ziger Jahre die Finanzen anfingen knapper zu werden, fügte sich 
die Regierung in das Begehren des Reichstages, einen Teil der 
von dem Jahre 1874 erwarteten, aber vor Ablauf desselben noch 
⁴⁴) Art. 70 der „R. V.“ lautet: „Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen 
Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre, sowie die aus 
den Zöllen, den gemeinschaftlichen Gebrauchssteuern und aus dem Post= und 
Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben 
durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, solange Reichssteuern nicht 
eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten (sog. Matrikular= 
beiträge) nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe 
des budgetmäßigen Betrages durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden.“
	        
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